Kampf für Steuergerechtigkeit geht in die nächste Runde

Auf Initiative der Sozialdemokraten hat das EU-Parlament einen Sonderausschuss gegen Finanzkriminalität eingerichtet, der konkrete Vorschläge zur Bekämpfung von Steuerflucht und Steuervermeidung erarbeiten soll. Im Vordergrund stehen die Enthüllungen der sogenannten Paradise Papers, die weltweit für Aufsehen gesorgt hatten.

Am 14. März wählte das Plenum des EU-Parlaments Arndt Kohn sowie seinen SPD-Kollegen Dietmar Köster als stellvertretende Mitglieder in den Ausschuss. Peter Simon, ebenfalls SPD, ist Vollmitglied und wurde zum sozialdemokratischen Sprecher des Ausschusses ernannt.

Druck aufrecht erhalten

Arndt Kohn freut sich auf die neue Aufgabe: „Ich möchte mein berufliches Vorwissen, das ich als Finanzbeamter mitbringe, einbringen, um den Einsatz für Steuergerechtigkeit zusammen mit der Gruppe der Sozialdemokraten im EU-Parlament voranzutreiben. Das Parlament hat in der Vergangenheit den Druck der Öffentlichkeit auf ungerechte Steuerpraktiken verstärkt. Ohne diesen Druck kann die Kommission ihre ambitionierten Vorschläge kaum umsetzen.“

Der Ausschuss soll an die erfolgreiche Arbeit vorangegangener Sonder- und Untersuchungsausschüsse anknüpfen: Diese hatten in den vergangenen Jahren die Enthüllungen aus den Luxleaks und den Panama Papers aufgearbeitet und zahlreiche konkrete Vorschläge für mehr Steuergerechtigkeit gemacht. Diese Vorschläge wurden dann von der EU-Kommission teilweise auf den Weg gebracht, wie beispielsweise eine öffentliche Länderberichterstattung für multinationale Unternehmen (CbCR) oder Maßnahmen zum Stopfen von Steuerschlupflöchern (Anti-Steuervermeidungs-Richtlinie).

„Mitgliedstaaten stehen auf der Bremse“

Doch aus sozialdemokratischer Sicht bleibt noch viel zu tun: „Leider stehen manche Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Steuervermeidung, Steuerhinterziehung, und Finanzkriminalität eher auf der Bremse als auf dem Gas“, erläutert Arndt Kohn. „Der neue Sonderausschuss wird daher unter anderem den EU-Mitgliedstaaten genau auf die Finger schauen, ob und in welcher Form die EU-Gesetzgebung im Steuerbereich umgesetzt wird.“

Im Fokus der Ausschussarbeit stehen neben der Aufarbeitung der Paradiese Papers unter anderem die Überprüfung der Umsetzung und Implementierung von EU-Gesetzgebung im Steuerbereich, die Untersuchung der Auswirkungen der Digitalisierung auf Steuerflucht- und -vermeidung sowie nationale Steuermodelle mit schädlichen Vorteilen für Neubürger oder Ausländer.

Das Mandat des Sonderausschusses beträgt zwölf Monate. Die konstituierende Sitzung des Sonderausschusses soll am kommenden Donnerstag, dem 22. März 2018, stattfinden.

EU-Kommission stellt Mehrwertsteuerreform vor

Das derzeitige Mehrwertsteuersystem der EU ist fragmentiert, kompliziert und anfällig für Betrug. Gleichzeitig steigt der Reformbedarf, weil immer mehr Unternehmen grenzüberschreitend tätig sind. Daher hat die EU-Kommission eine Reihe von Reformen angestoßen, um einen EU-weit einheitlichen Mehrwertsteuerraum zu schaffen. An diesem Montag diskutiert das EU-Parlament über die letzten beiden Maßnahmenpakete.

Das steuerliche Umfeld für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) soll vereinfacht werden. Zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug soll der Informationsaustausch zwischen Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Steuerbehörden und den nationalen und europäischen Strafverfolgungsbehörden verbessert werden. Dass die neuen Rechtsvorschriften den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Festlegung der Mehrwertsteuersätze einräumen sollen, sieht der EU-Abgeordnete Arndt Kohn (SPD) dagegen kritisch.

„Reformen sind dringend nötig“

„Die Reformen des Mehrwertsteuersystems sind dringend nötig“, so Kohn. „Als Finanzbeamter habe ich selber erlebt, wie schwierig und langwierig der Informationsaustausch zwischen Mitgliedsstaaten sein kann. Bei der Bekämpfung von Zollbetrug zum Beispiel ist es nahezu unmöglich, die international agierenden Kriminellen effektiv zu bekämpfen, wenn unsere nationalen Zoll- und Steuerbehörden nicht besser zusammenarbeiten. Wir müssen aber darauf achten, dass das System für alle Seiten praktikabel bleibt. Noch mehr unterschiedliche Steuersätze machen das Leben weder für die Steuerpflichtigen und ihre Berater noch die Finanzämter einfacher.“

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug ist eine wichtige Priorität der Sozialdemokraten im Europaparlament, die sich für eine gerechte Besteuerung einsetzen. Laut Schätzungen der Kommission entgehen den Mitgliedstaaten aufgrund von Mehrwertsteuerbetrug jährlich mehr als 50 Milliarden Euro an Mehrwertsteuereinnahmen – die stattdessen in Schulen, Infrastruktur oder das Gesundheitswesen investiert werden könnten.

Erst kürzlich haben die „Paradise Papers“ wieder das Ausmaß gezeigt, in dem Privatpersonen und Unternehmen Steuervermeidungsstrategien nutzen, um die EU-Mehrwertsteuervorschriften zu umgehen. Die Sozialdemokraten fordern daher die Einrichtung eines Sonderschusses im Europäischen Parlament, der sich mit den Enthüllungen befassen und Schlüssen daraus ziehen soll.