Kommende Woche beschäftigen sich die EU-Abgeordneten in Straßburg mit neuen Regeln für Videos im Fernsehen und im Internet: Nach langen Verhandlungen steht am Dienstag die überarbeitete Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste zur Abstimmung.
Diese Richtlinie gab bisher Grundregeln für Fernsehinhalte und Videoabrufdienste vor. Der gesetzliche Rahmen ist seit nunmehr über zehn Jahren nicht mehr verändert worden. Doch seit der letzten Revision hat sich das Videoangebot und der Medienkonsum stark verändert: Plattformen wie zum Beispiel Youtube, Netflix oder Amazon Prime haben große Marktanteile erobert. Für manche Konsumenten ersetzen Streaming-Dienste das klassische Fernsehen vollends.
„Die Art und Weise, wie wir Medien konsumieren, hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert“ erklärt der Europaabgeordnete Arndt Kohn (SPD). „Daher ist es von größter Wichtigkeit, für diese neuen Formen der Unterhaltung zeitgemäße Regeln aufzustellen beziehungsweise das bestehende Regelwerk zu erweitern. Durch eine umfassende Reform der Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste werden die Vorgaben für Bild und Ton an die Herausforderungen des digitalen Zeitalters angepasst.“
Jugend- und Verbraucherschutz werden gestärkt
So soll die Richtlinie in Zukunft für Bewegtbilder insgesamt gelten. In den Anwendungsbereich fallen demnach neben klassischen Medien wie Fernsehen künftig auch Online-Angebote auf Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Videoplattformdiensten wie Youtube.
Darüber hinaus stärkt der neue gesetzliche Rahmen sowohl den Jugend- als auch den Verbraucherschutz, indem Plattformen stärker in die Verantwortung genommen werden. „Die Stärkung des Jugendschutzes war ein zentrales Anliegen der sozialdemokratischen Fraktion“, kommentiert Arndt Kohn. „Die Neuerung stellt sicher, dass Jugendliche vor gefährlichen und nicht altersgerechten Inhalten, die frei verfügbar im Internet zu finden sind, geschützt werden, indem zum Beispiel Altersverifizierungen verpflichtend eingeführt werden. Dies ist ein wichtiger Schritt um zu gewährleisten, dass Minderjährige keine Käufe tätigen können, die nicht von den Erziehungsberechtigten genehmigt worden sind.“
Förderung für europäische Produktionen
Auch legt die neue Richtlinie fest, dass mindestens 30 Prozent der angebotenen Inhalte europäischen Ursprungs sein muss. Dies soll verhindern, dass US-amerikanische Anbieter Eigenproduktionen zu stark in den Vordergrund stellen. Außerdem können europäische Filmfonds Streaminganbieter zur Kasse bitten, um auch jungen Medienschaffenden innerhalb der EU eine Chance zu geben, ihre filmische Vision umzusetzen. So wird durch die Revision zeitgleich ein Ausbau des Förderangebots erreicht.
Die Umsetzung einer solchen Regelung zur Förderung europäischer Produktionen hatte bereits der deutsche Bundestag angestrebt, doch auf nationaler Ebene war das Vorhaben gescheitert. Hier konnte die Europäische Union die geballte Verhandlungsmacht des europäischen Binnenmarkts in die Waagschale werfen, um Änderungen im Sinne der europäischen Filmschaffenden zu erreichen.
Zahlreiche Verbesserungen erwirkt
Darüber hinaus sieht die Richtlinie neue Transparenzpflichten bei der Kennzeichnung von Werbung, Sponsoring und Product-Placement vor, zum Beispiel in Youtube-Videos. Da Online-Anbieter mittlerweile vergleichbar gute Reichweiten als Massenmedium erzielen wie TV-Sender, pochte die sozialdemokratische Fraktion in den Verhandlungen darauf, dass sie zukünftig ähnlichen Verpflichtungen unterliegen wie klassische Medienanbieter.
Ehrgeizigere Regelungen zur Barrierefreiheit und zur Medienkompetenz waren ebenfalls ein Anliegen der Sozialdemokrat*innen im EU-Parlament. Die überarbeitete Richtlinie soll den Ausbau der Barrierefreiheit stärken, um auch die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an den neuen Mediendiensten zu gewährleisten. Denn zurzeit ist beispielsweise das Bereitstellen von Sprachsteuerung oder Audiodeskription für Blinde noch längst kein Standard.
Alles in allem ist das Ergebnis der überarbeiteten Richtlinie, die zusammen mit dem Rat und der EU-Kommission verhandelt wurde, ein wichtiger Beitrag der Europäischen Union in Sachen Bewegtbilder. Wenn die Europaabgeordneten am Dienstag mehrheitlich für die neue Richtlinie stimmen, muss das neue Regelwerk innerhalb von 21 Monaten in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden.