Widerstand im Parlament gegen Haushaltskürzungen

Am Mittwoch stimmt das EU-Parlament über seine Position zum Haushalt 2018 ab. Zuvor hatte der Rat seine erste Lesung des Haushaltsentwurfs der Kommission vorgestellt, in dem er eine Kürzung von 0,7 Prozent des von der Kommission vorgeschlagenen Gesamthaushalts fordert. Das entspräche rund einer Milliarde Euro, die den Institutionen und Projekten der EU im Haushaltsjahr 2018 fehlen würden. Das Parlament fordert, diese Kürzungen rückgängig zu machen.

Arndt Kohn unterstützt diese Position: „Es ist wichtig, dass die Europäische Union in ihren Projekten finanziell nicht eingeschränkt, sondern gestärkt wird. Vor allem die gestiegenen Mittel für Programme mit jungen Menschen, wie etwa Erasmus+ und die Jugendbeschäftigungsinitiative, sind wichtige Investitionen in die Zukunft Europas.“

Sozialdemokraten investieren in die Zukunft

Die Mehrheit der Abgeordneten begründet ihre gemeinsame Position damit, dass mit einer Kürzung im Haushalt wichtige Gelder für Programme wie Horizont 2020 fehlen würden. Der Vorschlag des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2018 sieht zudem eine Ausweitung des Haushalts um etwa ein Prozent in Vergleich zum Kommissionsvorschlag vor, um mehr Mittel für zusätzliche Aufgaben auf europäischer Ebene zur Verfügung zu haben.

Die sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament unterstützt die Entscheidung, die zur Verfügung stehenden Mittel im Haushalt für 2018 zu erhöhen. Im Haushaltsausschuss stimmten die Sozialdemokraten für mehr Gelder, um wichtige Säulen der sozialdemokratischen Politik, etwa Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze, zu fördern. Konkret sollen dabei Programme wie zum Beispiel Erasmus+ im kommenden Jahr mehr finanzielle Mittel erhalten.

Das Parlament gestaltet die Zukunft des EU-Haushalts mit

Nach der Abstimmung am Mittwoch haben Rat und Parlament bis zum 20. November Zeit, um sich auf eine gemeinsame Position für das nächste Haushaltsjahr zu einigen. Die Mitbestimmung bei den Verhandlungen über den Umfang und die Verteilung des Haushalts der EU gehört zu den wichtigsten Kompetenzen des Europäischen Parlaments. Das Parlament überprüft die von der Kommission vorgeschlagene Aufteilung des Haushalts und gestaltet damit die Schwerpunkte der Ausgaben für das kommende Jahr mit.

Zeitgleich zu der Abstimmung zum Haushalt 2018 stimmt das Parlament ebenfalls über seine Position zur Zukunft der Finanzen der EU ab. Damit bereitet es sich auf die Verhandlungen für den neuen mehrjährigen Finanzrahmen ab 2021 vor. Eine große Herausforderung für die Zukunft des EU-Haushalts stellt der voraussichtliche Austritt Großbritanniens dar, durch den die Einnahmen erheblich gekürzt werden. Hinzu kommen neue Prioritäten, wie z.B. die Bewältigung der Flüchtlingskrise oder die gemeinsame Sicherheitspolitik, die ein Nachdenken über neue Einnahmequellen erforderlich machen.

„Pulse of Europe“ mit Europäischem Bürgerpreis ausgezeichnet

Anlässlich der Zeremonie zur Verleihung des Europäischen Bürgerpreises in Brüssel traf sich Arndt Kohn am Mittwoch, 11. Oktober 2017, mit Daniel Röder, einem der Gründer von „Pulse of Europe“, sowie weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Bewegung aus Aachen, Bonn und Köln im Europaparlament. Die beiden SPD-Europaabgeordneten Arndt Kohn und Arne Lietz hatten „Pulse of Europe“ für den Preis vorgeschlagen und die Auszeichnung bereits im September in Berlin übergeben.

„Die Grundthesen von Pulse of Europe, wie zum Beispiel ‚Europa darf nicht scheitern‘ und ‚der Friede steht auf dem Spiel‘ sprechen mir aus dem Herzen“, begründet Arndt Kohn seine Nominierung. „Dass es vielen Menschen genauso geht, belegen die Teilnehmerzahlen ihrer Kundgebungen. Diese Menschen brennen für ein friedliches Europa. Für ihr beeindruckendes Engagement bin ich wirklich dankbar.“

Für ein friedliches und einiges Europa

Vor der Verleihung der Urkunden traf sich Arndt Kohn mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Pulse of Europe, darunter auch eine Gruppe aus Köln, die er für den Anlass ins Europaparlament in Brüssel eingeladen hatte. Nach einem kurzen Zusammentreffen mit Arne Lietz und Daniel Röder wurden die Besucher durch das Europaparlament geführt. Bei der Gelegenheit kam man ins Gespräch über viele europäische und deutsche Themen, wie zum Beispiel die kürzlich vorgestellten Reformvorschläge des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und des französischen Präsidenten Emmanuel Macron oder die Ergebnisse der Bundestagswahlen.

Im Anschluss fand die Zeremonie zur Preisverleihung des Europäischen Bürgerpreises statt. Die Preisträgerinnen und Preisträger wurden jeweils auf eine Bühne aufgerufen, um gemeinsam mit den Abgeordneten, die sie nominiert hatten, ihre Urkunde entgegenzunehmen. Die bunt gemischte Gruppe der Empfänger aus allen Ländern der Europäischen Union reichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Projekten bis hin zu einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, die sich durch ihr Engagement als herausragende Europäer verdient gemacht hatten. Nach einem kleinen Empfang im Anschluss an die Veranstaltung traten die Kölner ihre Rückreise an.

Eine europaweite Bewegung

„Der Europäische Bürgerpreis ist für uns ein Ansporn weiter zu machen“, so Uwe Bröcking, der mit einer Gruppe aus Köln angereist war. “Er zeigt, dass das, was wir machen, bei der Politik auch ankommt. Schließlich setze ich mich dafür ein, dass es das Europäische Parlament in 20, 30 oder 50 Jahren noch gibt. Ich möchte, dass meine Enkeltochter in einem friedlichen und einigen Europa aufwächst.“

2016 gingen in Frankfurt am Main erstmals engagierte Bürgerinnen und Bürger auf die Straße, um ein klares Zeichen zu setzen für ein friedliches Europa, den Zusammenhalt in der EU und die europäischen Grundwerte. So entstand die vom Frankfurter Ehepaar Sabine und Daniel Röder initiierte Bewegung „Pulse of Europe“, die mittlerweile Menschen in rund 120 Städten in über 20 Ländern auf ihren sonntäglichen Veranstaltungen versammelt. An manchen Sonntagen wurden europaweit fast 50.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezählt.

Seit 2008 verleiht das Europäische Parlament den Bürgerpreis, mit dem besondere Leistungen für die europäische Zusammenarbeit und die Förderung der gemeinsamen Werte ausgezeichnet werden. Mitglieder des Europäischen Parlaments waren aufgerufen, Einzelpersonen, Vereine oder Institutionen zu nominieren. Pulse of Europe wurde von den SPD-Europaabgeordneten Arndt Kohn und Arne Lietz vorgeschlagen.

Insgesamt werden dieses Jahr 50 Projekte beziehungsweise engagierte Bürgerinnen und Bürger aus ganz Europa ausgezeichnet. Nach der nationalen Verleihung des Preises in Berlin fand nun die zentrale Zeremonie in Brüssel für alle Preisträger statt.

EU-Rechnungshof stellt Jahresbericht vor

Der Europäische Rechnungshof stellt diese Woche im Plenum seinen Jahresbericht über den Haushalt 2016 vor. Damit fängt das jährliche Entlastungsverfahren an, in dem der Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments prüft, ob der Haushaltsplan rechtmäßig und ordnungsgemäß ausgeführt wurde. Die Abgeordneten begutachten dabei, ob der Haushalt im Einklang mit den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit ausgeführt wurde.

„Transparenz schafft Vertrauen. Für die Bürger ist es wichtig wissen zu können, wohin die Gelder fließen und ob die Ausgaben rechtmäßig sind“, so Arndt Kohn. Der SPD-Abgeordnete aus Stolberg ist Schattenberichterstatter für den Teil des Entlastungsberichts, der sich mit allen EU Institutionen außer Kommission und Europäisches Parlament befasst. Dazu gehören also der Europäische Rat, der Rat der Europäischen Union, der Ausschuss der Regionen, der Ausschuss für Wirtschaft und Soziales, der Europäische Gerichtshof, der Europäische Rechnungshof, der Europäische Außendienst, der Europäische Datenbeauftragte und der Europäische Ombudsmann.

Die Entlastung ist ein wirkmächtiges Instrument der politischen Kontrolle, weil die Kommission eine Informationspflicht gegenüber dem Parlament hat. Das bedeutet, dass sie Auskunft geben muss über Ausgaben oder die Arbeitsweise der Finanzkontrollsysteme. Außerdem müssen die Kommission sowie die anderen Organe der EU Maßnahmen ergreifen, um den Empfehlungen des Parlaments im Rahmen der Entlastung nachzukommen.

267 Euro zahlte jeder Bürger 2016 indirekt für die EU

Im Jahr 2016 beliefen sich die Ausgaben der gesamten EU auf insgesamt 136,4 Milliarden Euro. Dies entspricht rund 267 Euro je Unionsbürger. Im Durchschnitt machten die EU-Ausgaben 2,0 Prozent der gesamten Staatsausgaben der Mitgliedsländer aus. Der EU-Haushalt wird aus verschiedenen Quellen finanziert: Der größte Anteil (95,6 Mrd. Euro) entfällt auf Zahlungen, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage ihres Bruttonationaleinkommens leisten. Weitere Quellen sind Zölle (20,1 Mrd. Euro) sowie von den Mitgliedstaaten erhobene Mehrwertsteuern (15,9 Mrd. Euro).

Der Bericht des Rechnungshofes kommt zu dem Schluss, dass es 2016 bedeutende Verbesserungen bei der Verwaltung der EU-Finanzen gegeben hat. Über die letzten Jahre hat sich die bei diesen Ausgaben ermittelte Fehlerquote kontinuierlich verbessert und liegt jetzt bei 3,1 Prozent. Daher hat der Europäische Rechnungshof dieses Jahr erstmals seit 1994 ein eingeschränkt positives Prüfungsurteil abgegeben.

Fehlerquote in der Verwaltung besonders niedrig

Als Schattenberichterstatter für den Bericht zu den anderen Institutionen liegt Arndt Kohns Augenmerk insbesondere auf den Ausgaben im Bereich der Verwaltung. Die Fehlerquote im Bereich der Verwaltung lag für das Jahr 2016 bei 0,2 Prozent und war somit noch niedriger als im Vorjahr, als sie noch bei 0,6 Prozent lag.

„Es ist ein Mythos, dass die Verwaltung in Brüssel im Vergleich zur nationalen Administration viel zu teuer ist“, sagt Arndt Kohn. „Bei der Kommission arbeiten ähnlich viele Beamte wie bei der Verwaltung der Stadt Köln. In der EU leben aber über 510 Millionen Menschen, wogegen es in Köln rund eine Million Einwohner gibt. Die Prüfungen des Rechnungshofes belegen außerdem, dass die EU die ihr zur Verfügung stehenden Mittel sehr effizient ausgibt.“

EU-Parlament fordert besseren Schutz vor Cyberkriminalität

Das Internet gehört mittlerweile vor allem durch den Gebrauch von Smartphones ganz selbstverständlich zum Alltag vieler EU-Bürger. Mehr als zwei Stunden verbringt jeder deutsche Bürger durchschnittlich pro Tag im Netz. Das ist kein Wunder, schließlich ist das Internet Informationsquelle, soziale Plattform und Einkaufsmöglichkeit zugleich.

Klar ist dabei auch, dass Betrug und Kriminalität vor dem Internet nicht Halt machen. Um die europäischen Verbraucher besser vor organisierter Kriminalität zu schützen und mehr Aufmerksamkeit auf die effektive Abwehr von Cyberkriminalität zu lenken, findet am Montag in Straßburg eine Plenardebatte des Europäischen Parlaments zu diesem Thema statt.

Kriminalitätsrate stark angestiegen

Eine starker Anstieg der Cyberkriminalität in den letzten Jahren macht das Thema so aktuell wie nie. Neben den Gefahren für europäische Verbraucher ist auch die Kriminalitätsrate, welche die Unternehmen betrifft, gestiegen. So haben bereits 80 Prozent der Unternehmen in Europa Cyberangriffe erlebt, z.B. durch Erpressungssoftwares, Trojaner oder Datenbetrug und -diebstahl.

Das Europäische Parlament schlägt daher vor, entlang der Mitgliedstaaten die Datenerfassung und den Austausch über Online-Straftaten zu verbessern. Konkrete Maßnahmen sehen dabei vor, IT-Systeme kritischer Infrastruktur widerstandsfähiger zu machen und mehr EU-Mittel in Forschungsprojekte zur Prävention zu investieren. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Dienstanbietern gestärkt werden. Letztere sollen außerdem nach Meinung des Europäischen Parlaments dazu verpflichtet werden, ihren Online-Inhalt regelmäßig zu prüfen.

Neben der Verbesserung des Informationsflusses sollen zusätzlich die EU-Kapazitäten im Bereich Cybersicherheit weiter verstärkt werden, wie zum Beispiel durch den Ausbau der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA). Den Vorschlag der Kommission, der Agentur ein ständiges Mandat zu geben, unterstützt das Europäische Parlament.

Digitalisierung zum Thema im Unterricht machen

Um in Zukunft besser über Gefahren im Internet Bescheid zu wissen und diese einschätzen zu können, ist es wichtig, Digitalisierung schon frühzeitig in der Bildung zu thematisieren. Denn mit steigender Nutzung von digitalen Medien wächst auch die Notwendigkeit, über den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Diensten zu informieren. Dies kann vor allem im Schulunterricht, zum Beispiel durch das Thematisieren von Verschlüsselungsverfahren, passieren.

Daher reicht es nicht aus, nur eine engere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz zu fordern. „Investitionen in mehr Bildung zum Thema Digitalisierung und in eine erhöhte Nutzersensibilisierung sind wichtige Elemente in der Prävention von Cyberangriffen“, so Arndt Kohn. Nur so kann garantiert werden, dass auch die zukünftigen Generationen vor den Gefahren im Internet geschützt sind.

Stillstand beim Brexit

Ginge es nach dem ursprünglichen Plan der britischen Regierung, dann sollten die Staats- und Regierungschefs der übrigen EU-Mitgliedsländer bereits auf ihrem Gipfeltreffen am 18./19. Oktober die Erweiterung des Verhandlungsmandats der Kommission beschließen. Dieses ist nötig, um in der zweiten Phase der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien sprechen zu können. Doch dieser Zeitplan wird aller Voraussicht nach kippen.

Am Mittwoch, dem 4. Oktober, positioniert sich das EU-Parlament mit einer Resolution zum Stand der Brexit-Verhandlungen. Die Abgeordneten, ohne deren Zustimmung das Austrittsabkommen nicht in Kraft treten kann, werden dem Europäischen Rat voraussichtlich davon abraten, die zweite Phase der Verhandlungen einzuläuten: „Die Fortschritte in der vierten Verhandlungsrunde reichen nicht, um zu Gesprächen über unsere zukünftige Beziehung überzugehen“, erklärten der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Gianni Pittella und der Verhandlungsführer der Fraktion, Roberto Gualtieri.

Theresa May bleibt in ihrer Grundsatzrede vage

Denn die EU und Großbritannien haben sich bislang in den strittigen Fragen der Austrittsmodalitäten nur wenig angenähert. Diese betreffen vor allem die Rechtssicherheit für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, die Einhaltung von eingegangenen finanziellen Verpflichtungen Großbritanniens gegenüber der EU und die Vermeidung einer harten Grenze zwischen Irland und Nordirland.

Am Freitag, dem 22. September, hielt die britische Premierministerin Theresa May in Florenz ihre erste Grundsatzrede zum Brexit seit Januar 2017. Darin betonte sie, dass sie sich für die Zeit nach dem Brexit eine „tiefe und besondere“ Beziehung zwischen Großbritannien und der EU wünsche. Doch Mays Rede enthielt keine klaren Angebote zu den wichtigen Streitfragen in den Verhandlungen. Beispiel Nordirland: Einerseits beharrt Großbritannien auf dem Austritt aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Andererseits soll keine sichtbare Grenze an der irischen Grenze entstehen. Wie dies möglich sein soll, hat May bislang nicht schlüssig erklärt.

Brexit bietet Chance für eine Haushaltsreform

Auch in der Frage nach den finanziellen Verpflichtungen fehlt es an konkreten Vorschlägen der Briten. Die EU-Kommission hat dem Vereinigten Königreich bisher eine Abschlussrechnung in Höhe von 60 bis 100 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Die finanziellen Verpflichtungen umfassen unter anderem Zahlungen für den mehrjährigen Finanzrahmen sowie die Austrittskosten, etwa für die Verlegung der in Großbritannien ansässigen EU-Agenturen. In ihrer Rede sagte May, Großbritannien werde die Verpflichtungen einhalten, die das Land während seiner EU-Mitgliedschaft eingegangen ist. Eine konkrete Summe nannte sie allerdings nicht.

Immerhin war May in ihrer Rede hörbar um einen konstruktiveren Tonfall bemüht, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Sie kündigte an, dass eine Übergangsphase nötig sein könne. Damit rückt sie von ihrem ursprünglichen Kurs eines harten Austritts – „Brexit heißt Brexit“ – ab und nähert sich der Position der britischen Labour-Partei an, deren Vorsitzender Jeremy Corbyn sich bereits für eine Übergangsphase und einen ‚weichen‘ Brexit ausgesprochen hatte.

Doch Mays Äußerungen zu den zukünftigen Beziehungen nähren Befürchtungen, dass Großbritannien nach dem Austritt die Rosinenpickerei der vergangenen Jahrzehnte fortsetzen möchte. Laut May beinhalte eine Mitgliedschaft in EFTA (der Europäischen Freihandelsassoziation, zu der Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz gehören) zu viele Verpflichtungen, während ein normales Freihandelsabkommen nach dem Vorbild von CETA nicht ausreichen würde. Mit anderen Worten: Das Vereinigte Königreich erwartet eine Sonderbehandlung.

Arndt Kohn betont: „Großbritannien kann außerhalb der EU nicht dieselben Vorteile genießen wie die verbleibenden 27 Staaten. Der Exit vom Brexit wäre für alle das Beste.“

Kohn: „Brandschutz stärken zum Schutz der Hausbewohner und Feuerwehrleute“

Über 80 Menschen sind beim Brand des Grenfell Towers in London am 14. Juni 2017 umgekommen. Grund für die schnelle Ausbreitung des Feuers war die leicht brennbare Fassade des Hochhauses. Solche Fassadenbrände kommen zu häufig vor und hat es auch schon oft in Deutschland gegeben: Drei Tote bei einem Brand in Duisburg im vergangenen Jahr, fünf Tote bei einem Brand in Köln 2005, um nur zwei Fälle zu nennen.

„Brandursache ist in vielen Fällen Polystyrolschaum, der als Dämmstoff an Fassaden genutzt wird: Er ist billig, ist umweltschädlich, ist toxisch und begünstigt die Ausbreitung des Brandes auf weitere Geschosse“, so der SPD-Europaabgeordnete Arndt Kohn, Mitglied des Verbraucherschutzausschusses, zu einer mündlichen Aussprache im Europäischen Parlament am Mittwoch, 13. September 2017.

„Wir brauchen also europäische Regeln“

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Europäische Kommission angekündigt, eine Studie in Auftrag zu geben um das Brandverhalten von Fassaden zu bewerten. „Wir müssen ein einheitliches und unabhängiges Prüfverfahren in der Europäischen Union einführen und die EU-Verordnung zu Bauprodukten muss unbedingt durch bessere Regelungen zum Thema Brandschutz ergänzt werden“, fordert Arndt Kohn.

So könnte beispielsweise der Einbau von Brandriegeln ab dem ersten Geschoss eines Gebäudes dazu beitragen, dass sich Brände weniger schnell verbreiten. „Wir können von Ländern wie Österreich und Frankreich lernen, hier sind Brandriegel in jedem Geschoss Pflicht“, so Arndt Kohn. „Wir brauchen also europäische Regeln, die Fassadenbrand in jedem Land der EU einen Riegel vorschieben.“

Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament fordern, dass der Brandschutz bei der Überarbeitung der EU-Verordnung zu Bauprodukten höchste Priorität vor zum Beispiel einseitig ökonomischen Erwägungen bekommt. „Wir müssen den Brandschutz stärken“, sagt Arndt Kohn. „Nicht nur, damit die Bewohner der Häuser geschützt werden, sondern auch, damit die Feuerwehrleute, die ihr eigenes Leben riskieren, diese Einsätze ohne Gesundheitsschäden überstehen.

Parlament fordert besseren Brandschutz in Gebäuden

Die schrecklichen Bilder aus London werden so schnell nicht in Vergessenheit geraten: Am 14. Juni 2017 stand der Grenfell Tower, ein 24-stöckiges Hochhaus im Stadtteil Kensington, beinahe vollständig in Flammen. Über 80 Menschen kamen bei dem verheerenden Brand ums Leben, Dutzende wurden verletzt.

Aufgrund der leicht entflammbaren Fassadenverkleidung, die aus Aluminium-Verbundplatten und dahinter angebrachten Dämmplatten bestand, konnten die Flammen sich rasend schnell ausbreiten. Dies gilt nach den bisherigen Erkenntnissen als wesentlicher Grund dafür, dass es zu einer solchen Katastrophe kommen konnte. Die sozialdemokratische Fraktion bringt das Thema Brandschutz nun auf die Tagesordnung des Europäischen Parlaments.

Um weitere Unglücke dieses Ausmaßes zu verhindern, werden die Abgeordneten des Europäischen Parlaments bei der Plenarsitzung Vertreter von Kommission und Rat nach Maßnahmen befragen, wie Hochhäuser EU-weit künftig besser geschützt werden können. Die oberste Priorität muss dabei sein, die Sicherheit von Bewohnern und Feuerwehrleuten gleichermaßen zu garantieren.

Mängel bei der Regulierung von Baustoffen

Nicht erst seit dem Unglück am Grenfell Tower steht das Thema Brandschutz in Gebäuden auf der Tagesordnung der EU-Institutionen. Bereits 2016 gab die EU-Kommission die Entwicklung eines einheitlichen Prüfverfahrens für das Brandverhalten von Fassaden in Auftrag. Allerdings wird die kommende Debatte die erste zu diesem Thema im Europäischen Parlament sein, bei dem der Rat und die Kommission zu Stellungnahmen aufgefordert sind.

Bei der Debatte soll vor allem die Regulierung von Baustoffen im Mittelpunkt stehen, die Experten zufolge erhebliche Mängel im Hinblick auf Brandschutz aufweist. So fordert der Deutsche Feuerwehrverband eine koordinierte Strategie der Mitgliedsstaaten innerhalb der EU zum Thema Brandschutz, um bei zukünftigen Bränden die Arbeit der Rettungskräfte zu erleichtern und dadurch die Bewohner besser zu schützen.

Besonders im Bereich der Fassaden von Gebäuden kann das Europäische Parlament dabei einen wichtigen Beitrag bei der Standardisierung von Baustoffen leisten. Eine Harmonisierung bei der Beschriftung von Materialien, wie etwa brennbaren Dämmstoffen, würde Verbraucher im Voraus über die Gefahrenlage informieren und einen gemeinsamen Sicherheitsstandard innerhalb der EU schaffen.

Sozialdemokraten appellieren an Kommission

Wir Sozialdemokraten erwarten von der Europäischen Kommission Antworten, inwieweit die EU-Verordnung zu Bauprodukten bei der Renovierung der Fassade des Grenfell Towers eingehalten wurde. Wir werden die Kommissionvertreter befragen, inwieweit diese Verordnung angepasst werden muss, um einen solchen Brandverlauf künftig zu vermeiden.

Außerdem fordern die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament eine flächendeckende Überprüfung der Umsetzung von Brandschutzvorschriften bei Hochhäusern und eine umgehende Beseitigung von etwaigen Mängeln, insbesondere bei brennbaren Fassaden, der Isolierung von Gasleitungen und fehlenden Brandschutztüren.

Unsere Haltung ist klar: Bei der Überarbeitung der bestehenden Verordnung muss der Brandschutz stärker miteinbezogen werden. Dabei setzt sich die S&D-Fraktion für eine klare Regulierung der Stoffe ein, die auf dem europäischen Markt vertrieben werden dürfen. Dadurch würden Lücken in der derzeitigen Gesetzgebung geschlossen, um so die Sicherheit für Bürger und Feuerwehrleute in Europa zu garantieren.

Die EU zwischen Krise und Aufbruch

Hohe Jugendarbeitslosigkeit, stockende Brexit-Gespräche, antidemokratische Entwicklungen in der Türkei, aber auch in Polen und Ungarn – vor dem Hintergrund dieser und vieler weiterer Herausforderungen hält Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch seine Rede zur Lage der Europäischen Union. Im Anschluss debattieren die Abgeordneten darüber, was sich ändern muss, damit wir in Europa unsere gemeinsame Zukunft erfolgreich gestalten können.

Im Parlament rechnet man mit ambitionierten Vorstößen etwa in der Handels- und Industriepolitik sowie zur Vertiefung der Eurozone. Projekte, die noch in dieser Legislaturperiode eine realistische Chance auf Umsetzung haben sollen, müssten jetzt angestoßen werden. Wir Sozialdemokraten fordern eine mutige Vision, die den Rufen nach einer Erneuerung der Europäischen Union gerecht wird.

Europa braucht „soziales Triple-A“

Es wird erwartet, dass Juncker an das Weißbuch zur Zukunft Europas aus dem Frühjahr anknüpft. Darin hatte die Kommission fünf Szenarien skizziert, wie die Zusammenarbeit in Europa künftig aussehen könnte – von einer stark reduzierten Rolle der EU bis hin zu einer vertieften Integration, bei der die Mitgliedstaaten weitere wichtige Kompetenzen an die europäische Entscheidungsebene übertragen würden.

Die sozialdemokratische Fraktion hat im Weißbuch-Prozess ein sechstes Szenario entworfen, an dem wir die Rede des Kommissionspräsidenten messen werden. Dieses sieht zum einen eine Vertiefung der europäischen Integration vor, zum anderen einen deutlichen Ausbau der sozialen Dimension Europas. In der Sozialpolitik erwarten wir von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dass er das Versprechen, mit dem er angetreten ist, einlöst: Europa ein „soziales Triple-A“ zu verschaffen.

Kommission muss deutlich nachbessern

Der Vorschlag zur Europäischen Säule Sozialer Rechte, den die Kommission im April vorgelegt hat, ist deutlich hinter diesem Anspruch zurückgeblieben. Die Messlatte war ein Bericht mit ambitionierten Forderungen, der unter sozialdemokratischer Federführung entstanden ist und den das Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet hat.

Zu den Kernpunkten gehörten beispielsweise eine Rahmenrichtlinie für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und eine Grundsicherung für alle Kinder, die in Armut leben. Diese Vorschläge hat die EU-Kommission weitgehend missachtet. Nun hat sie die Chance nachzubessern.

Zudem setzen wir uns für eine umfassende europäische Integration ein. In kritischen Bereichen fehlt es der EU aufgrund mangelnder Kompetenzen und divergierender nationaler Interessen an ausreichender Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit. Zugleich respektieren wir, dass sich nicht alle Mitgliedstaaten gleichermaßen beziehungsweise zeitgleich stärker engagieren wollen. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die Länder, die die europäische Einigung vorantreiben wollen, nicht ausgebremst werden.

Studie: Das Vertrauen in Europa steigt

Den vielen Krisen, denen die EU entschlossen begegnen muss, stehen durchaus auch positive Trends entgegen: Nach Jahren drastischer Europa-Skepsis kommt wieder eine pro-europäische Stimmung auf. So zeigt beispielsweise eine Acht-Länder-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass der Brexit die übrige EU zusammengeschweißt hat, anstatt das Vertrauen in das gemeinsame Projekt zu erschüttern. Mehr Menschen als bei früheren Befragungen sehen heute klare Vorteile in der EU-Mitgliedschaft.

„Die Bürgerinnen und Bürger glauben daran, dass ein stärkeres Europa notwendig ist“, so der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Gianni Pitella. „Es entsteht eine neue europäische Dynamik. Aber damit dieser Trend Fahrt aufnimmt, müssen wir den Erwartungen der Menschen nicht nur mit Worten gerecht werden sondern mit Taten.“

In seiner Rede muss Jean-Claude Juncker aufzeigen, wie die EU-Kommission die Europäische Union in dieser speziellen Situation – zwischen Krise und Aufbruch – gestalten und den Rufen nach ihrer Erneuerung gerecht werden will.

Kostenloses WLAN wird an vielen Orten Realität

Die EU wird den Aufbau kostenlos zugänglicher WLAN-Hotspots an öffentlichen Orten zwischen 2017 und 2019 mit 120 Millionen fördern. Die Initiative soll Einheimischen und Touristen den Zugang zu leistungsfähigem Internet an wichtigen Zentren des öffentlichen Lebens ermöglichen.

Formell muss das Europäische Parlament die entsprechende EU-Richtlinie noch beschließen. Bei der Abstimmung kommenden Mittwoch in Straßburg wird aber eine breite Zustimmung erwartet, da sich das Parlament bereits im Ende Mai mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten auf den vorliegenden Vorschlag geeinigt hatte.

Kostenloses WLAN kann dank der neuen Regelung an vielen Orten in Europa realisiert werden. Gerade für Kommunen im ländlichen Raum ist das eine gute Gelegenheit, Versorgungslücken zu schließen – insbesondere wenn ihre Finanzlage angespannt ist. Das Europäische Parlament hatte sich in den Verhandlungen erfolgreich dafür eingesetzt, neben öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser beispielsweise auch Parks, Busse, Schulen und Museen mit kostenlosem Internet auszustatten.

Ein wichtiger Schritt in Richtung Digitalunion

Der sozialdemokratische Verhandlungsführer, Carlos Zorrinho, erklärte: „Alle Europäerinnen und Europäer sollten die Vorteile einer WiFi-Verbindung nutzen können, egal wo sie leben oder wieviel sie verdienen. Diese Vereinbarung bringt uns diesem Ziel einen Schritt näher. Den Zugang zu Hochgeschwindigkeits-Breitbanddiensten durch kostenloses WiFi zu gewährleisten ist der Schlüssel zum Aufbau einer Digitalunion, die niemanden zurücklässt.“

Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist eines der wichtigsten Zukunftsziele der Europa-SPD, daher ist die neue Regelung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Bis zu 8000 Gemeinden können davon profitieren. Dank des öffentlichen WLAN werden diese Orte bürgerfreundlicher und damit attraktiver. Dabei muss beachtet werden, dass auch kleinere Kommunen nicht vom Fortschritt abgehängt werden.

Lokale Behörden können sich online bewerben, sofern noch kein vergleichbares privates oder öffentliches Angebot verfügbar ist. Die Vergabe erfolgt dann über ein unbürokratisches Gutscheinprinzip. Dank dieser Lösung ist der Aufwand auch für kleine Gemeinden gut tragbar. Wenn das Parlament bei seiner Plenarsitzung am Dienstag, 12 September, zustimmt und die Mitgliedstaaten den Vorschlag formell bestätigen, können die ersten Bewerbungsrunden zwischen Ende 2017 und Anfang 2018 starten.