Partnerschaft der StädteRegion Aachen mit der englischen Grafschaft Lancashire

Die ersten Kontakte zwischen Lancashire und der StädteRegion hatten die beiden Europaparlamentarier Arndt Kohn (Stolberg) und Wajid Khan (Lancashire) geknüpft. „Wir sitzen im Europaparlament nebeneinander und sind über die industrielle Vergangenheit unserer Heimatstädte ins Gespräch gekommen“, sagt Kohn. Dabei kam man schnell zur Familie Cockerill, die beide Regionen eng verbindet. Die aus der Grafschaft Lancashire stammende Familie hat maßgeblich zur Industrialisierung des Raumes Lüttich-Aachen beigetragen. „Um nur ein Beispiel zu nennen: James Cockerill begründete eine Glashütte, den heutigen Zinkhütter Hof in Stolberg.“

Wajid Khan hatte die Gelegenheit, im Städteregionsausschuss einige Worte zu sagen. Dabei nannte er den bevorstehenden Brexit einen „schrecklichen Fehler“. Trotzdem, oder besser gerade deswegen, sei es enorm wichtig, den Austausch zu suchen. Khan: „Die Geschichte bringt uns zusammen, aber nur die Zukunft führt uns weiter. Wir müssen gerade jetzt nach vorne schauen und die deutsch-britische Freundschaft weiterentwickeln. Das passiert nicht über Nacht, aber es gibt viele spannende Felder, auf denen wir perfekt zusammenarbeiten können. Ich denke nur an die wirtschaftliche, soziale, aber auch kulturelle Zusammenarbeit.“

Städteregionsrat Helmut Etschenberg machte bei dem Treffen auch direkt klar, dass er den Brexit sehr bedaure, denn: „Großbritannien gehört einfach zu Europa! Es gibt sicher viele Bereiche, in denen man hervorragend zusammenpasst und gemeinsam fortkommen kann. Ich denke beispielsweise an die bedeutenden Hochschulen in Lancashire und Aachen.“ Bislang sei man mit dem Eingehen von Partnerschaften sehr zurückhaltend gewesen, so Etschenberg. Neben der über 25-jährigen Partnerschaft mit dem polnischen Jelenia Góra gibt es einzig seit kurzem auch eine wirtschaftliche Kooperation mit dem südkoreanischen Ansan. „Wir als Verwaltung sind sehr offen für die Begründung einer solchen Partnerschaft“ sagt Etschenberg. „Jetzt gilt es die inhaltlichen Ziele zu erarbeiten und Wege aufzuzeigen, wie wir diese erreichen wollen.“ Im nächsten Schritt soll für den Ausschuss für regionale Zusammenarbeit, Mobilität und Europa am 22. November schon ein beratungsreifer Vorschlag entwickelt werden.

 

County Lancashire
Die Grafschaft Lancashire liegt in Nordengland und grenzt im Westen an die Irische See, während südlich die beiden Großstädte Liverpool und Manchester liegen. In dem County leben rund 1,5 Millionen Menschen (StädteRegion Aachen: 555.000) auf einem Gebiet von ca. 3.000 km² (StädteRegion: 700 km²). Historisch spielte hier, ähnlich wie in der StädteRegion, vor allem der Kohlenbergbau und die Textilindustrie eine zentrale Rolle. Heute dominieren technologieorientierte Unternehmen im Umfeld der Universität Lancashire, der sechstgrößten britischen Universität.

 

Bildhinweis (Foto: Holger Benend, StädteRegion Aachen)
Die ersten Kontakte wurden jetzt schon im Haus der StädteRegion Aachen geknüpft. Eine Delegation der Grafschaft Lancashire rund um den Europaparlamentarier Wajid Khan (Bild: 4. v. r.) ist jetzt von Städteregionsrat Helmut Etschenberg (4.v.l) empfangen worden.

Mehrwertsteuer vereinfachen und Betrug bekämpfen

Diese Woche stimmt das Europäische Parlament bei der Plenarsitzung in Straßburg über weitreichende Reformen des Mehrwertsteuersystems ab. Aus einer kürzlich veröffentlichten Studie der Kommission geht hervor, dass die EU-Mitgliedstaaten allein 2016 Verluste in Höhe von 150 Milliarden Euro durch nicht erhobene Mehrwertsteuer gemacht haben. Davon gingen 50 Milliarden Euro durch Mehrwertsteuerbetrug verloren.

Das Maßnahmenpaket, das die Kommission im Herbst 2017 vorgestellt hat, soll dem nun entgegenwirken. In Zukunft soll unter anderem die Mehrwertsteuer auch auf grenzüberschreitenden Handel zwischen Unternehmen erhoben und Verfahren vereinfacht werden.

Milliardenverluste durch ‚Karussell-Betrug‘

Denn zurzeit nutzen internationale kriminelle Netzwerke die Mehrwertsteuerbefreiung aus, indem sie in einem Land Güter kaufen, ohne Mehrwertsteuer zu bezahlen, und sie in einem anderen Land mit Mehrwertsteuer wieder verkaufen. Die Kriminellen tauchen ab, bevor sie die Steuer an den Staat abgegeben haben. Da sich diese Praxis wieder und wieder über mehrere Länder mit denselben Gütern wiederholen kann, spricht man auch von ‚Karussell-Betrug‘.

„Die Kommission schätzt, dass der Mehrwertsteuerbetrug durch die neuen Maßnahmen um 80 Prozent verringert werden kann“, so Arndt Kohn, EU-Abgeordneter aus Stolberg. „So würden viele Milliarden Euro wieder in die Staatskassen und in den EU-Haushalt fließen, die sonst in den Schwarzmarkt oder die Finanzierung krimineller Aktivitäten fließen würden. Es ist höchste Zeit, dass Europa diesen kriminellen Banden einen Riegel vorschiebt.“

Kohn: „Reformen längst überfällig“

Um die Erhebung der Mehrwertsteuer auf den grenzüberschreitenden Handel zu erleichtern, soll eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet werden, bei der Unternehmen in einem einzigen Online-Portal in ihrer eigenen Sprache und nach den gleichen Regeln wie in ihrem Heimatland Erklärungen und Zahlungen durchführen können. Außerdem schafft die Einführung des ‚Bestimmungslandprinzips‘ Klarheit bei den geltenden Steuersätzen, denn es soll in Zukunft immer der Steuersatz des Landes gelten, wo der Endverbraucher sitzt.

„Das gegenwärtige Mehrwertsteuersystem, das noch auf 1993 zurückgeht, war ursprünglich als Übergangsregelung gedacht und ist viel zu fragmentiert. Die Reformen sind daher längst überfällig“, bemängelt Arndt Kohn. „Wir Sozialdemokrat*innen unterstützen die Reformvorschläge weitgehend und fordern, dass die Änderungen keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand schaffen, der vor allem zu Lasten kleinerer Unternehmen entstehen könnte.“

Das Europäische Parlament hat bei Steuerfragen nur eine konsultative Rolle und daher liegt die letzte Entscheidung beim Rat, wo die Gesetzesänderungen einstimmig angenommen werden müssen. Die europäischen Sozialdemokrat*innen fordern eine stärkere Rolle des Europäischen Parlaments und eine Abschaffung der Einstimmigkeit im Rat bei Steuerthemen.

Neue Regeln für Netflix, YouTube und Co.

Kommende Woche beschäftigen sich die EU-Abgeordneten in Straßburg mit neuen Regeln für Videos im Fernsehen und im Internet: Nach langen Verhandlungen steht am Dienstag die überarbeitete Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste zur Abstimmung.

Diese Richtlinie gab bisher Grundregeln für Fernsehinhalte und Videoabrufdienste vor. Der gesetzliche Rahmen ist seit nunmehr über zehn Jahren nicht mehr verändert worden. Doch seit der letzten Revision hat sich das Videoangebot und der Medienkonsum stark verändert: Plattformen wie zum Beispiel Youtube, Netflix oder Amazon Prime haben große Marktanteile erobert. Für manche Konsumenten ersetzen Streaming-Dienste das klassische Fernsehen vollends.

„Die Art und Weise, wie wir Medien konsumieren, hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert“ erklärt der Europaabgeordnete Arndt Kohn (SPD). „Daher ist es von größter Wichtigkeit, für diese neuen Formen der Unterhaltung zeitgemäße Regeln aufzustellen beziehungsweise das bestehende Regelwerk zu erweitern. Durch eine umfassende Reform der Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste werden die Vorgaben für Bild und Ton an die Herausforderungen des digitalen Zeitalters angepasst.“

Jugend- und Verbraucherschutz werden gestärkt

So soll die Richtlinie in Zukunft für Bewegtbilder insgesamt gelten. In den Anwendungsbereich fallen demnach neben klassischen Medien wie Fernsehen künftig auch Online-Angebote auf Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Videoplattformdiensten wie Youtube.

Darüber hinaus stärkt der neue gesetzliche Rahmen sowohl den Jugend- als auch den Verbraucherschutz, indem Plattformen stärker in die Verantwortung genommen werden. „Die Stärkung des Jugendschutzes war ein zentrales Anliegen der sozialdemokratischen Fraktion“, kommentiert Arndt Kohn. „Die Neuerung stellt sicher, dass Jugendliche vor gefährlichen und nicht altersgerechten Inhalten, die frei verfügbar im Internet zu finden sind, geschützt werden, indem zum Beispiel Altersverifizierungen verpflichtend eingeführt werden. Dies ist ein wichtiger Schritt um zu gewährleisten, dass Minderjährige keine Käufe tätigen können, die nicht von den Erziehungsberechtigten genehmigt worden sind.“

Förderung für europäische Produktionen

Auch legt die neue Richtlinie fest, dass mindestens 30 Prozent der angebotenen Inhalte europäischen Ursprungs sein muss. Dies soll verhindern, dass US-amerikanische Anbieter Eigenproduktionen zu stark in den Vordergrund stellen. Außerdem können europäische Filmfonds Streaminganbieter zur Kasse bitten, um auch jungen Medienschaffenden innerhalb der EU eine Chance zu geben, ihre filmische Vision umzusetzen. So wird durch die Revision zeitgleich ein Ausbau des Förderangebots erreicht.

Die Umsetzung einer solchen Regelung zur Förderung europäischer Produktionen hatte bereits der deutsche Bundestag angestrebt, doch auf nationaler Ebene war das Vorhaben gescheitert. Hier konnte die Europäische Union die geballte Verhandlungsmacht des europäischen Binnenmarkts in die Waagschale werfen, um Änderungen im Sinne der europäischen Filmschaffenden zu erreichen.

Zahlreiche Verbesserungen erwirkt

Darüber hinaus sieht die Richtlinie neue Transparenzpflichten bei der Kennzeichnung von Werbung, Sponsoring und Product-Placement vor, zum Beispiel in Youtube-Videos. Da Online-Anbieter mittlerweile vergleichbar gute Reichweiten als Massenmedium erzielen wie TV-Sender, pochte die sozialdemokratische Fraktion in den Verhandlungen darauf, dass sie zukünftig ähnlichen Verpflichtungen unterliegen wie klassische Medienanbieter.

Ehrgeizigere Regelungen zur Barrierefreiheit und zur Medienkompetenz waren ebenfalls ein Anliegen der Sozialdemokrat*innen im EU-Parlament. Die überarbeitete Richtlinie soll den Ausbau der Barrierefreiheit stärken, um auch die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an den neuen Mediendiensten zu gewährleisten. Denn zurzeit ist beispielsweise das Bereitstellen von Sprachsteuerung oder Audiodeskription für Blinde noch längst kein Standard.

Alles in allem ist das Ergebnis der überarbeiteten Richtlinie, die zusammen mit dem Rat und der EU-Kommission verhandelt wurde, ein wichtiger Beitrag der Europäischen Union in Sachen Bewegtbilder. Wenn die Europaabgeordneten am Dienstag mehrheitlich für die neue Richtlinie stimmen, muss das neue Regelwerk innerhalb von 21 Monaten in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden.

Zollbetrug: EU fordert zwei Milliarden Euro von Großbritannien

Großbritannien hat jahrelang Zollbetrug an seinen Grenzen ignoriert und damit dem europäischen Binnenmarkt geschadet. So lautet der Vorwurf der europäischen Anti-Betrugsbehörde OLAF. Sie empfiehlt nun der EU-Kommission, den dabei entstandenen Schaden von der britischen Regierung zurückzufordern.

Konkret geht es in dem Fall um die Einfuhr chinesischer Waren über Großbritannien in den europäischen Markt. Kriminelle Banden sollen zwischen 2013 und 2016 vor allem Textilien und Schuhe teilweise massiv unter Wert eingeführt haben. Diese Methode führte dazu, dass viel zu wenig Zölle auf die unterbewerte Ware gezahlt wurden.

Großbritannien steht in der Pflicht

OLAF wirft dem Vereinigten Königreich vor, dass es nicht die nötigen Maßnahmen ergriffen hatte, um diesen Machenschaften vorzubeugen. Dabei hatte der Betrug beachtliche Auswirkungen auf die Zolleinnahmen der EU: Rund zwei Milliarden Euro Schaden sollen entstanden sein, die nun im EU-Haushalt fehlen.

Der SPD-Abgeordnete Arndt Kohn sieht das Verhalten der britischen Regierung kritisch: „Es ist kein Zeichen europäischer Solidarität, wenn ein Mitgliedstaat durch Untätigkeit dem europäischen Binnenmarkt, sich und anderen Mitgliedstaaten finanziell schadet. Die britische Regierung muss nun transparent mit den europäischen Behörden an der Aufarbeitung des Falles arbeiten und für den finanziellen Schaden Verantwortung übernehmen.“

„Mehrwertsteuersystem hat Reformbedarf“

Allerdings sind nicht nur Zollverluste zu beklagen. Einige Unternehmen haben zudem eine Gesetzeslücke ausgenutzt, um gezielt die Mehrwertsteuer auf importierte Güter zu unterschlagen. So kam es insgesamt zu Verlusten von bis zu 3,2 Milliarden Euro. Die Unternehmen nutzten das sogenannte Zollverfahren 42, das eine Mehrwertsteuerbefreiung im Einfuhrland ermöglicht, wenn die Ware in einen anderen Mitgliedstaat befördert wird. Die Steuer wird dann im Bestimmungsland erhoben. Dank diesem Verfahren konnten die Unternehmen abtauchen, bevor sie die Mehrwertsteuer abgeben mussten.

Arndt Kohn sieht sich in seinen Forderungen bestätigt: „Dieser Fall ist ein weiteres Indiz, dass im europäischen Mehrwertsteuersystem dringender Reformbedarf besteht. Wir müssen das System weniger anfällig für Betrug machen, indem wir es einfacher gestalten und den Informationsaustausch zwischen den nationalen Zoll- und Steuerbehörden fördern.“

Soziales Europa statt Steuerbetrug

Für die Sozialdemokrat*innen im Europaparlament ist der Kampf gegen Steuerbetrug eine wichtige Priorität. Laut Schätzungen der EU-Kommission entgehen den Mitgliedstaaten aufgrund von Mehrwertsteuerbetrug jährlich Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe – die zum Beispiel in die Gestaltung eines sozialen Europas oder in andere wichtige Projekte investiert werden könnten.

Bei der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in Straßburg diese Woche wird sich die EU- Kommission zu dem Betrugsfall äußern. Am Donnerstag stimmen dann die Abgeordneten über eine Resolution des Haushaltkontrollausschusses ab, in der unter anderem gefordert wird, dass die Mitgliedstaaten im Zollbereich enger zusammenarbeiten sollen. Die EU-Kommission wird außerdem zu stärkeren Anstrengungen beim Eintreiben von Abgaben aufgerufen, da der aktuelle Fall im Vereinigten Königreich hier Verbesserungsbedarf aufgezeigt hat.

Vor einer Woche schickte die EU-Kommission einen Brief nach London, in der sie die entgangenen Mittel einforderte und leitete somit ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Zwei Monate hat die britische Regierung nun Zeit, auf die Forderungen aus Brüssel einzugehen und ihre Sichtweise in einem Antwortschreiben darzulegen.

Ein Blick hinter die Kulissen des EU-Parlaments

Die nächste Tagesfahrt nach Brüssel findet am Donnerstag, dem 29. November statt.

Der Besuch in Brüssel bietet interessante Einblicke in die tägliche Arbeit der Abgeordneten sowie Ihre Rolle im Machtgefüge der Europäischen Union. Nach einem Informationsvortrag haben die Teilnehmer*innen außerdem Gelegenheit, den Plenarsaal zu besichtigen.

Nachmittags steht ein Besuch im Haus der Europäischen Geschichte auf dem Programm. Hier haben die Teilnehmer*innen die Möglichkeit die Entstehung der Europäischen Union zu erkunden.

Der Teilnehmerbeitrag beträgt 15 Euro. Anmeldungen sind bis zum 1. Oktober möglich bzw. bis alle Plätze vergeben sind. Der Abfahrtsort befindet sich am Betriebshof der Firma Schumacher Reisen, Lagerstraße 9 in Düren.

Für weitere Informationen und Anmeldungen wenden Sie sich bitte direkt an das Europabüro Arndt Kohn in Alsdorf (E-Mail: kontakt@arndt-kohn.eu; Telefon: 02404 9039 373)

Orbán in die Schranken weisen

Der ungarische Premier Viktor Orbán tritt europäische Werte mit Füßen: Seine Regierung schränkt die Pressefreiheit ein, unterdrückt Oppositionelle und macht Stimmung gegen Minderheiten und gegen die EU. Unabhängige Institutionen wie der Europarat, die Vereinten Nationen und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa haben sich besorgt über die Verletzungen demokratischer Grundwerte geäußert.

Diese Woche steht die Lage in Ungarn auf der Tagesordnung des EU-Parlaments in Straßburg. Am Mittwoch entscheiden die Abgeordneten, ob ein Suspendierungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet wird. In letzter Konsequenz kann das Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge dazu führen, dass Ungarn das Stimmrecht im Ministerrat entzogen wird.

Arndt Kohn, SPD-Abgeordneter aus Stolberg, befürwortet dieses Vorgehen: „Die Verletzungen europäischer Werte in Ungarn haben ein besorgniserregendes Maß angenommen. Es ist vollkommen inakzeptabel, wie die nationalkonservative Regierung gegen Schutzsuchende und Minderheiten hetzt und die freiheitlich-demokratischen Grundrechte einschränkt. Auch einem Victor Orbán müssen wir Grenzen aufzeigen und Ungarns Zivilgesellschaft Rückendeckung geben.“

Konservative halten an Orbán fest

Im Dezember vergangenen Jahres hatte die EU-Kommission erstmals überhaupt den Artikel 7 gegen ein Mitgliedsland angewandt: Weil die polnische PiS-Regierung allen Warnungen zum Trotz umstrittene Gesetzesänderungen einführte, welche unter anderem die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts gefährden, läuft gegen Polen derzeit ein Suspendierungsverfahren, welches zum Stimmverlust im Ministerrat führen könnte.

Im Fall von Ungarn hat die EU-Kommission bisher jedoch nicht die gleiche Entschlossenheit gezeigt. Nach wie vor sitzt die Fidesz-Partei von Victor Orbán im EU-Parlament Seite an Seite mit den Abgeordneten der CDU und CSU aus Deutschland. Sie bilden mit weiteren europäischen Christdemokraten die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP). Diese ist derzeit die stärkste Fraktion im Europäischen Parlament.

Erst vergangene Woche hatte der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber (CSU) seine Ambitionen auf die Spitzenkandidatur seiner Fraktion für die Europawahlen 2019 verkündet. In der Vergangenheit zeigte Weber immer wieder Nachsicht, wenn Orbán vermeintliche rote Linien überschritt. So lobte er Orbán im Vorfeld der ungarischen Parlamentswahlen im April als „starken Ministerpräsidenten“, der die politischen Debatten in Europa belebe.

Kohn: „Das muss aufhören!“

Arndt Kohn kritisiert die Rückendeckung, die Orbán von seinen konservativen Parteifreunden erhält, scharf: „In Bayern hofieren Horst Seehofer und die CSU den Autokraten Orbán als gern gesehenen Ratgeber. Im EU-Parlament hält Manfred Weber trotz aller Verstöße gegen europäische Werte an der Fraktionsgemeinschaft mit Orbáns Fidesz-Partei fest. Das muss aufhören! Die demokratischen Fraktionen im EU-Parlament müssen den anti-demokratischen Kräften in ihren Reihen endlich die Stirn bieten.“

Stimmt das Plenum diese Woche in Straßburg mit einer Zweidrittelmehrheit für die Position der SPD-Europaabgeordneten, würde das Europäische Parlament ein Verfahren nach Artikel 7 gegen die ungarische Regierung einleiten. Dann müsste der Ministerrat die Lage in Ungarn auf die Tagesordnung setzen und entscheiden, ob die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der europäischen Werte durch die ungarische Regierung vorliegt.

Mobilität neu denken

Ständiger Stau, Verkehrslärm, eine extreme Umweltbelastung: Schon heute zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass die Verkehrskonzepte aus dem letzten Jahrhundert keine Antworten auf die Mobilitätsbedürfnisse von heute bieten. Daher fordern die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament, Mobilität neu zu denken und auf nachhaltige Strategien umzusteigen.

„Wie wir die Zukunft der Mobilität gestalten, davon hängt die Lebensqualität dieser und künftiger Generationen ab“, erklärt Arndt Kohn, SPD-Abgeordneter für den Regierungsbezirk Köln. „Ich möchte meinen Kindern und Enkelkindern eine Welt hinterlassen, in der wir uns dank kluger Verkehrskonzepte nachhaltig bewegen und saubere Luft atmen, zum Wohle der Menschen und der Umwelt. Leider hat nicht zuletzt der Skandal um manipulierte Abgaswerte in Diesel-Autos gezeigt, dass die Industrie den Umstieg bislang verschlafen hat. Hier müssen wir politisch gegensteuern.“

CO2-Emissionen drastisch reduzieren

Die SPD-Europaabgeordneten haben ambitionierte Forderungen erarbeitet. So sollen bei neuen Autos die Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2021 um mindestens 40 Prozent gesenkt werden. Dazu sind unter anderem Straßentests und funktionierende Kontrollen notwendig, damit die Verbesserungen auch umgesetzt werden.

 

Für Neuanschaffungen von öffentlichen Betrieben fordert die Europa-SPD eine ehrgeizige Quote für Null- und Niedrigemissionsfahrzeuge wie etwa E-Busse und Hybridautos. Außerdem setzen sich die Sozialdemokrat*innen für eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für alternative Kraftstoffe ein, damit sich die neuen Antriebe durchsetzen. Hierzu soll ein Fonds aus privaten und öffentlichen Mittel eingerichtet werden.

Arndt Kohn kommentiert: „Durch das Bekenntnis zu nachhaltiger und moderner Mobilität wird der Automobilsektor auch in Zukunft ein wichtiges Standbein der Wirtschaft und ein Garant für Arbeitsplätze bleiben. Die deutsche und europäische Automobilindustrie darf diesen Wandel nicht verpassen. Ansonsten droht die EU gegenüber den USA und China ins Hintertreffen zu geraten. Die Region Aachen ist da in puncto Fahrzeugbau mit neuen Technologien vorbildlich!“

Arbeitsplätze sichern

Bei der Neuausrichtung der Industrie auf die Mobilität der Zukunft müssen die Interessen der Arbeitnehmer*innen gewahrt werden. Gerade der Automobilsektor ist ein bedeutender Arbeitgeber, der in der EU direkt und indirekt rund 12 Millionen Menschen beschäftigt. Daher sind politische Maßnahmen unerlässlich, um die Arbeitsplätze zu sichern.

„Die Beschäftigen müssen im Schulterschluss mit den Gewerkschaften eng in die Umstrukturierung einbezogen werden“, fordert Arndt Kohn. „Wir wollen, dass möglichst frühzeitig Fort- und Weiterbildungen für die Arbeitnehmer*innen angeboten und neue Industriezweige zum Beispiel im Batteriebereich aufgebaut werden, um Arbeitsplätze zu sichern. Umschulungen und Weiterqualifizierungen könnten zum Beispiel aus Abgaben für Emissionsüberschreitungen finanziert werden.“

Zukunftsweisend ist auch das autonome und vernetzte Fahren. Jedoch gibt es hier bei allem technologischen Fortschritt noch viele offene Fragen, die dringend geklärt werden müssen, insbesondere bei der Verkehrssicherheit von autonomen Fahrzeugen, der Versicherung und Haftung sowie beim Datenschutz. Diese Aspekte müssen breit diskutiert werden, fordert die Europa-SPD.

Umweltausschuss trifft erste Entscheidungen

Im EU-Parlament setzen sich die Sozialdemokrat*innen dafür ein, dass die Verkehrswende Realität wird: Diese Woche steht im Umweltausschuss in Straßburg eine Abstimmung über Emissionsstandards von Autos an. Die EU-Kommission hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, um die CO2-Emissionen von PKW und Kleintransportern zu senken. Sie schlägt darin neben prozentualen Reduktionszielen auch einen Anreizmechanismus für Niedrigemissionsfahrzeuge vor.

Die Europa-SPD unterstützt den Vorschlag der EU-Kommission, fordert aber auch weitergehende Maßnahmen. So hat die sozialdemokratische Berichterstatterin im Umweltausschuss, Miriam Dalli, die Ziele der Kommission deutlich nachgeschärft und den Anreizmechanismus um einen Strafmechanismus ergänzt. Sie fordert außerdem, dass für alle Fahrzeuge mittelfristig die Emissionen über die gesamte Lebensdauer einberechnet werden und dass die Tests der neuen Modelle auf der Straße stattfinden sollen, nicht mehr nur auf dem Teststand.

Die finale Entscheidung über den Gesetzesentwurf fällt im Plenum voraussichtlich im Oktober. Dann wird es außerdem um Quoten für saubere Straßenfahrzeuge im öffentlichen Betrieb gehen.

Juncker muss liefern

Die Europäische Union steht vor historischen Herausforderungen: Mit dem Brexit steht das erste Mal in der Geschichte der Gemeinschaft der Austritt eines Mitgliedstaates unmittelbar bevor. Gleichzeitig verschieben sich die globalen Kräfteverhältnisse: China baut seinen internationalen Einfluss stetig aus, während sich die USA unter Präsident Donald Trump zunehmend zurückziehen. Der einseitige Abschied der Vereinigten Staaten aus internationalen Vereinbarungen wie dem Pariser Klimaschutzabkommen zeigt, dass Europa immer stärker auf sich gestellt ist.

Gleichzeitig stellen nationalkonservative und populistische Parteien in vielen europäischen Ländern die Gemeinschaft in Frage. In Ungarn macht Ministerpräsident Victor Orbán Stimmung gegen Europa, die polnische PiS-Regierung hält trotz Gegenwind aus Brüssel an ihren umstrittenen Justizreformen fest und die Populisten und Nationalisten in Rom drohen mit der Schließung italienischer Häfen für Flüchtlingsschiffe, sollte es bei der Frage nach der Verteilung der Schutzsuchenden keine Einigung geben.

Handfeste Ergebnisse noch vor den Wahlen

In diesen unruhigen Zeiten wird die jährliche Ansprache von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit besonderer Spannung erwartet. Am Mittwoch wird Juncker vor dem EU-Parlament in Straßburg Bilanz ziehen und einen Ausblick darauf geben, welche Vorhaben die EU-Kommission noch in dieser Legislaturperiode umsetzen will.

Arndt Kohn, SPD-Europaabgeordneter aus Stolberg, fordert klare Worte vom EU-Kommissionspräsidenten: „Ich erwarte, dass Herr Juncker die politischen Prioritäten für die letzten Monate seiner Amtszeit erläutert. Die Verhandlungen über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen ab 2021 sowie die Reform des gemeinsamen Asylsystems dulden keinen Aufschub. Hier muss die EU-Kommission noch vor den Europawahlen im Mai 2019 handfeste Ergebnisse vorweisen. Ein starkes und vereintes Europa ist heute wichtiger denn je.“

„Die EU muss sozial gerechter werden“

Die Europa-SPD setzt sich für eine umfassende europäische Integration ein. In kritischen Bereichen fehlt es der EU aufgrund mangelnder Kompetenzen und divergierender nationaler Interessen an ausreichender Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit. Gleichzeitig fordern die Sozialdemokrat*innen, dass Europa viel stärker als bisher in sozialen Fragen vorangeht.

Der Vorschlag zur Europäischen Säule Sozialer Rechte der EU-Kommission aus dem April 2017 ist deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Messlatte war ein Bericht mit ambitionierten Forderungen, der unter sozialdemokratischer Federführung entstanden ist, und den das Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet hat. Zu den Kernpunkten gehörten beispielsweise eine Rahmenrichtlinie für menschenwürdige Arbeitsbedingungen sowie eine Grundsicherung für alle Kinder, die in Armut leben. Diese Vorschläge hat die EU-Kommission weitgehend missachtet.

„Zu einer ehrlichen Bilanz gehört auch, dass die EU-Kommission in der Sozialpolitik weit hinter ihren eigenen Ankündigungen zurückgeblieben ist“, sagt Arndt Kohn (SPD). „Herr Juncker hat sein Versprechen nicht eingelöst, Europa ein ‚soziales Triple-A‘ zu verschaffen. Dabei ist dies der entscheidende Punkt, um das Vertrauen der Menschen in Europa wieder zu stärken: Die EU muss sozial gerechter werden. Dazu zählen unter anderem eine faire Steuerpolitik, starke Rechte für Arbeitnehmer*innen, berufliche Perspektiven für Europas Jugend und Investitionen in Arbeitsplätze mit Zukunft. Im Mai 2019 haben es die Bürger*innen in der Hand, für ein Europa zu stimmen, das sich für die Schwachen in der Gesellschaft einsetzt und die Interessen aller Bürger*innen im Blick hat.“

Besuch beim Jobcenter der StädteRegion

Geschäftsführer Stefan Graaf sensibilisierte im Rahmen des Gesprächs über die aktuellen Herausforderungen in den Jobcentern bei der Feststellung des Arbeitnehmerstatus für Unionsbürger*innen. Da Gesetzgeber und auch Rechtsprechung bislang weder ein Mindesteinkommen noch eine Mindeststundenzahl für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft festgelegt haben, ist stets eine komplexe Gesamtwürdigung des Arbeitsverhältnisses durchzuführen. Auch die Thematik der Feststellung der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit spielte im Gespräch eine Rolle.

Sehr erfreut war Herr Kohn über die, mit 217 Integrationen in Arbeit, erfolgreiche Umsetzung des ESF-Programms für langzeitarbeitslose Menschen in der hiesigen Region. Über die positiven Erkenntnisse wurde unter anderem der Weg zum aktuellen Entwurf des Teilhabechancengesetzes für langzeitarbeitslose Menschen unterstützt.

Herr Kohn ist an der weiteren Arbeit des Jobcenters sehr interessiert und wird zu den Entwicklungen und Herausforderungen im Gespräch bleiben und sich vor Ort informieren.

EU-Abgeordneter macht Praktikum beim Zoll

In diesem Jahr feiern wir 50 Jahre Zollunion in Europa. Aus diesem Anlass hatte der SPD-Europaabgeordnete Arndt Kohn bereits mit dem Hauptzollamt Aachen und der Direktion der Bundespolizei am ehemaligen Grenzübergang „Köpfchen“ eine Zollkontrolle simuliert und so den Schüler*innen des Couven-Gymnasiums aufgezeigt, wie der Alltag mit Grenzkontrollen früher aussah.

Die sitzungsfreie Zeit in der parlamentarischen Sommerpause nutze Kohn nun für ein Praktikum beim Hauptzollamt Aachen (HZA). Regierungsdirektor Mario Lambertz, Leitung HZA, und Zolloberinspektor Peter Nordt stellten dem Europaabgeordneten die Arbeit und das Aufgabengebiet dar. Im Anschluss daran ging es in die Praxis: Die Zollbeamten nahmen den Abgeordneten zu einer Kontrolleinheit mit.

Arndt Kohn konnte sich ein umfassendes Bild machen: „Die Mitarbeiter des Hauptzollamts leisten hervorragende Arbeit. Im Gespräch ist aber ebenfalls deutlich geworden, dass es bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit Verbesserungsbedarf gibt. So ist insbesondere die Personalausstattung kaum ausreichend, um wirksame Grenzkontrollen in dem großen Zuständigkeitsbereich des Aachener Hauptzollamts zu gewährleisten.“

Auch die Kommunikation mit anderen nationalen Behörden weise an einigen Punkten noch Schwierigkeiten auf, erfuhr Arndt Kohn in den Gesprächen. „In Notsituationen kann ein schneller Kontakt zu den Rettungsdiensten oder zur Landespolizei überlebenswichtig sein. Dennoch gibt es zurzeit keine direkte Funkverbindung, unter der die Zollbeamten beispielsweise polizeiliche Verstärkung anfordern könnten.“

Arndt Kohn versicherte den Beamt*innen, politische Gespräche mit Expert*innen zu führen und so dazu beizutragen, dass die Arbeit vor Ort reibungsloser ablaufen kann. „Auch für meine Arbeit im EU-Parlament sind die Eindrücke aus dem Praktikum sehr wertvoll, da ich derzeit an verschiedenen Dossiers aus dem Bereich internationale Kooperation und Ausrüstung des Zolls arbeite. Die Erkenntnisse aus dem Besuch beim Hauptzollamt werden sicher in diese Arbeit einfließen“, so Kohn. In Anknüpfung an den Besuch nahm der Europaabgeordnete bereits Kontakt mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Kämmerling auf und bat ihn, die Problematik der fehlenden Funkverbindung im Landtag zur Sprache zu bringen.