Junckers Personalpolitik in der Kritik

Die Ernennung von Martin Selmayr zum höchsten EU-Beamten hat in den vergangenen Wochen anhaltende Kritik hervorgerufen. Der 47-jährige deutsche Jurist und enge Vertraute von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wurde Ende Februar innerhalb weniger Minuten gleich zweimal befördert: Von seinem Posten als Junckers Kabinettschef stieg er erst zum stellvertretenden Generalsekretär und kurz danach zum Generalsekretär der EU-Kommission auf.

Das Hau-Ruck-Verfahren hat für große Irritationen gesorgt und ist nun auch Thema im Plenum des Europäischen Parlaments: Am 18. April stimmen die Abgeordneten in Straßburg über einen Entschließungsantrag zur Integritätspolitik der Europäischen Kommission ab, in dem das Vorgehen bemängelt und eine Anpassung der Regeln und Verfahren gefordert wird.

Parlament prüft Regelbruch

Nach einer Aussprache während der letzten Plenartagung im März wurde der Haushaltskontrollausschuss damit beauftragt, zu prüfen, ob die Regeln bei der Ernennung eingehalten wurden. Der zuständige Kommissar für Haushalt und Personalfragen, Günther Oettinger, wurde dafür zu einer Anhörung eingeladen. Weder die Anhörung noch die Antworten auf zwei schriftliche Fragebögen von bis zu 80 Seiten ergaben allerdings einen eindeutigen Regelbruch.

„Auch wenn die Kommission gezeigt hat, dass alle Regeln des Beamtenstatuts dem Worte nach eingehalten wurden, so entspricht dieses Vorgehen keineswegs dem Geiste der Regeln“, kritisiert der EU-Abgeordnete Arndt Kohn, der als Mitglied des Haushaltskontrollausschusses an der Debatte teilnimmt. „Es wurden allzu oft Ausnahmeverfahren angewandt, um hochrangige Verwaltungsposten mit bestimmten Personen zu besetzen. Es ist wichtig, dass wir die Regeln anpassen, damit faire und transparente Bewerbungsverfahren in allen EU-Institutionen zur Regel werden.“

Sozialdemokraten fordern Neuausschreibung nach Revision der Regeln

In dem Entschließungsantrag, der aus der Arbeit des Haushaltskontrollausschusses resultiert, fordern die Sozialdemokraten, dass die Stelle des Generalsekretärs nach einer Revision der Regeln von der nächsten Kommission wieder zu besetzen ist. Einige Abgeordneten fordern den umgehenden Rücktritt des neuen Generalsekretärs und schlagen sogar eine Verschiebung der Entlastung der Kommission vor. Dies hält Arndt Kohn allerdings nicht für zielführend:

„Es liegt kein Regelverstoß vor, der solche Schritte rechtfertigen würde. In Zeiten von Brexit, drohendem Handelskrieg und vielen weiteren Konflikten brauchen wir eine handlungsfähige Kommission. Auch eine neue Ausschreibung der Stelle ist nicht sinnvoll, solange es keine neuen Regeln gibt.“

Zeitgleich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag wird das Europäische Parlament über die Entlastung des EU-Haushalts entscheiden. Die Entlastung ist ein wichtiges Instrument der parlamentarischen Kontrolle, mit dem das Parlament die Haushaltsführung der EU prüft. Bisher wurde die Entlastung nur einmal 1998 verweigert, was 1999 zum Rücktritt der damaligen Kommission unter Jaques Santer führte. Arndt Kohn ist Schattenberichterstatter für den Teil der Entlastung, der sich mit allen EU-Institutionen mit Ausnahme von Kommission und Parlament befasst.

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