EU geht gegen Plastikmüll vor

Plastikmüll zählt zu den größten Gefahren für unsere Umwelt. Insbesondere die Ozeane werden durch Wegwerfplastik verschmutzt, was die Ökosysteme bedroht und zum Artensterben beiträgt. Jährlich produziert die EU 25,8 Millionen Tonnen an Kunststoffabfällen. 80 Prozent des Abfalls in Meeren und Stränden besteht aus Plastik. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf, um die Plastikflut einzudämmen und die Umwelt zu schützen.

„Wir haben keine zweite Erde“, betont der Europaabgeordnete Arndt Kohn. „Wir müssen jetzt die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unseren Kindern und Enkeln einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen. Dazu sind drastische Reduzierungen des CO2-Ausstoßes im Straßenverkehr, der Energieerzeugung oder im persönlichen Konsum von Flugreisen oder Kreuzfahrten notwendig. Die Eindämmung von Einwegprodukten ist eine weitere wichtige Maßnahme. Die geplanten EU-Regeln zur Reduktion von Plastikmüll sind ein Schritt in die richtige Richtung. Weitere müssen folgen.“

Künftig nicht mehr aus Plastik: Strohalme, Besteck und Ballonstifte

Diese Woche stimmt das Europäische Parlament in Straßburg über eine Richtlinie ab, die den Verbrauch von Einwegprodukten aus Plastik deutlich senken soll. Laut der EU-Kommission bestehen rund 70 Prozent des Abfalls an europäischen Stränden aus nur zehn Plastikprodukten sowie aus angespülten Fischnetzen und Fischfanggeräten. Zu den am häufigsten gefundenen Kunststoffprodukten zählen zum Beispiel dünne Tüten, Strohhalme, Plastikbesteck, Getränkerührer oder Halterungen von Luftballons.

Diese Produkte werden von den neuen EU-Regeln erfasst. Die Richtlinie sieht unter anderem mehrere Verbote von Plastik-Einwegprodukte vor, die kostengünstig aus natürlichen und leicht recycelbaren Ressourcen hergestellt werden können. So ist dann das Stäbchen, mit welchem der Kaffee umgerührt wird, demnächst nicht mehr aus Plastik, sondern aus Holz. Weiterhin geplant sind Hinweise zur Entsorgung auf Verpackungen und Informationskampagnen zur Sensibilisierung der Verbraucher*innen. Auch sollen Hersteller zukünftig Kosten für Reinigungsaktionen tragen.

Die neuen Regelungen sind Teil der Plastikstrategie, die die EU-Kommission Anfang des Jahres vorgelegt hatte. Die Strategie strebt weiterhin an, dass bis 2030 alle Plastikverpackungen zum Beispiel durch verbessertes Produktdesign recyclingfähig sein sollen.

Kohn: „Hersteller in die Verantwortung nehmen“

Die Sozialdemokrat*innen im EU-Parlament unterstützen die neue Regelung, fordern aber noch weitergehende Maßnahmen. Auch sehr leichte Plastiktüten, die oft in der Umwelt landen, sollten mit einigen Ausnahmen verboten werden. Darüber hinaus drängt die Europa-SPD auf neue Anforderungen für Einwegplastikflaschen. Ab 2025 sollen 90 Prozent der Flaschen recycelt werden. Neu verkaufte Flaschen sollen aus mindestens 35 Prozent recyceltem Material bestehen, um wertvolle Rohmaterialien nicht zu verschwenden.

„Jeder einzelne kann einen Beitrag leisten, um beim Einkaufen oder im Alltag Plastikmüll zu vermeiden“, so Arndt Kohn. „Ohne eine Änderung unseres Konsumverhaltens ist der Wandel hin zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft nicht zu schaffen. Doch das entlässt die Hersteller nicht aus der Verantwortung: Sie müssen ihren Beitrag leisten, um Verpackungsmüll zu reduzieren. Leider hat die konservative Fraktion im EU-Parlament entsprechende Vorschriften bislang blockiert.“

Bis die EU-Richtlinie in Kraft tritt sind noch Änderungen möglich: Am Mittwoch stimmt das EU-Parlament zunächst über seine Position ab. Voraussichtlich im Dezember beraten sich die europäischen Umweltminister*innen, die als Vertreter*innen der Mitgliedstaaten an der Gesetzgebung mitwirken. Die finale Fassung wird anschließend zwischen EU-Parlament und Rat ausgehandelt, sodass die Richtlinie noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden könnte.

Kohn: „Richtigen Einsatz von EU-Geldern prüfen“

Der Europäische Rechnungshof hat am Donnerstag, 4. Oktober 2018, in Straßburg seinen Jahresbericht über den Gesamthaushalt der EU für das Jahr 2017 vorgestellt. Damit beginnt im Europäischen Parlament das jährliche Entlastungsverfahren, in dem der Haushaltskontrollausschuss im Europäischen Parlament prüfen wird, ob EU-Gelder ordnungsgemäß und sinnvoll eingesetzt wurden.

„Der Bericht des Rechnungshofs zeigt auf, dass EU-Gelder im Regelfall richtig eingesetzt wurden. In Zeiten einer weitverbreiteten Europaskepsis ist das ein wichtiges und positives Signal“, sagt Arndt Kohn,
Mitglied des Haushaltskontrollausschusses im Europäischen Parlament. In seiner Prüfung ermittelt die Institution jährlich eine Fehlerquote, die den Prozentsatz der falsch verwendeten Finanzmittel berechnet. Diese sei laut Rechnungshof von 3,1 Prozent in 2016 auf 2,4 Prozent im vergangenen Jahr gesunken.

Zahlreiche Fördermittel nicht abgerufen

„Entgegen dem leider gängigen Vorurteil, dass Betrugsfälle den EU-Haushalt prägen, beziehen sich die
vom Rechnungshof ermittelten Fehler nur in den wenigsten Fällen auf vorsätzliche Veruntreuung“, erklärt Arndt Kohn. „Für das Jahr 2017 überwies der Rechnungshof zum Beispiel nur 19 Fälle mutmaßlichen Betrugs an die Europäische Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF weiter. Das ist erstaunlich wenig für einen Haushalt im Umfang von 137,4 Milliarden Euro.“

Die Unregelmäßigkeiten beziehen sich laut Rechnungshof vor allem auf Ausgaben, bei denen die Regeln,
wie Förderkriterien oder Abrechnungsvorschriften nicht richtig eingehalten worden seien. Besorgniserregend sei dagegen die Summe der nicht abgerufenen Fördermittel, die der Europäische
Rechnungshof dieses Jahr auf eine neue Rekordhöhe von 267,3 Milliarden Euro berechnet.

Kohn: Mitgliedstaaten sind gefordert

„Zu hohe formale Anforderungen dürfen dem Einsatz der Gelder in grenzüberschreitenden Projekten nicht länger im Wege stehen. Als Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ist uns wichtig, dass insbesondere die Mittel der Kohäsionspolitik flexibler eingesetzt werden können – diese sollten Regionen und Städten der EU nicht verloren gehen. Allerdings müssen auch die Mitgliedstaaten sich dafür einsetzen, sinnvolle Projekte vorzuschlagen, in denen das Geld investiert wird“, fordert der SPD Europa-Abgeordnete Arndt Kohn.

Im nächsten Schritt werden EU-Kommissare zu Anhörungen im Haushaltskontrollausschuss vorgeladen, um die Ausgaben in ihren Zuständigkeitsbereichen für das Jahr 2017 vorzustellen. Auf dieser Grundlage wird das Europäische Parlament entscheiden, ob es die Entlastung gewährt, und verbindliche Empfehlungen für die kommenden Jahre machen. Diese Entscheidung wird voraussichtlich im März 2019 getroffen.

Fahnder besser vernetzen

Das EU-Parlament verabschiedete am Donnerstag, 4. Oktober, in Straßburg mit deutlicher Mehrheit eine entsprechende Resolution.

Textil- und Schuhwaren aus China wurden zwischen 2013 und 2016 in großem Umfang unter ihrem Wert in den europäischen Binnenmarkt importiert. Die EU-Antibetrugsbehörde OLAF, die den Fall ermittelte, schätzt die so entstandenen Verluste bei den Zolleinnahmen in diesen Jahren auf knapp zwei Milliarden Euro.

Kohn: „EU muss Schwachstellen beseitigen“

„Die britische Zollverwaltung hat ihre Ressourcen in den vergangenen Jahren auf den Schutz des
Binnenmarkts und die innere Sicherheit konzentriert und dabei die Erhebung von Zöllen vernachlässigt“, so der Europaabgeordnete Arndt Kohn, Mitglied des Haushaltskontrollausschusses. „Kriminelle Banden sind bestens vernetzt, warum nicht aber unsere Zollbehörden? Die EU muss die Schwachstellen dringend beseitigen.“

Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD und stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses, fügte hinzu: „Die Zolleinnahmen sind eine wichtige Einnahmequelle für den EU-Haushalt. Mit den entgangenen Einnahmen hätten wir viele sinnvolle Projekte finanzieren können. Die EU-Kommission fordert jetzt 2,7 Milliarden Euro vom Vereinigten Königreich. Das wäre zum Beispiel genug, um unser EU-Programm zum Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit für acht Jahre zu finanzieren. Das ist auch ein Grund, aus dem das Europäische Parlament eine breitere Basis an Einnahmequellen für den EU-Haushalt fordert.“

Reformbedarf auch bei der Mehrwertsteuer

Nach Berechnung der EU-Kommission führte die Verletzung der EU-Gesetzgebung durch Großbritannien zu Verlusten im EU-Haushalt von bis zu 2,7 Milliarden Euro im Zeitraum von 2011 bis 2017. Allerdings sind nicht nur Zollverluste zu beklagen. Einige Unternehmen haben zudem eine Gesetzeslücke ausgenutzt, um gezielt die Mehrwertsteuer auf importierte Güter zu unterschlagen. So kam es insgesamt zu Verlusten von bis zu 3,2 Milliarden Euro.

„Dieser Fall ist ein weiteres Indiz, dass im europäischen Mehrwertsteuersystem dringender Reformbedarf besteht“, so Arndt Kohn. „Gut, dass wir daran arbeiten, das System weniger anfällig für Betrug zu machen, indem wir es einfacher gestalten und den Informationsaustausch zwischen den nationalen Zoll- und Steuerbehörden fördern.“

Mahnschreiben an britische Regierung

„Wer ein Freihandelsabkommen mit der EU will, muss seine Kontrollen gegenüber Drittländern verlässlich gestalten. Die geschwächten britischen Zollbehörden sind dazu offenbar zurzeit kaum in der Lage. Das muss sich ändern“, fordert Jens Geier.

Vor einer Woche hat die EU-Kommission ein Mahnschreiben an die britische Regierung geschickt, um die nicht einbezogenen Mittel einzufordern. Großbritannien hat nun zwei Monate, um auf das Mahnschreiben zu reagieren. Andernfalls kann die Kommission den Fall vor den Europäischen Gerichtshof bringen.

Mehrwertsteuer vereinfachen und Betrug bekämpfen

Diese Woche stimmt das Europäische Parlament bei der Plenarsitzung in Straßburg über weitreichende Reformen des Mehrwertsteuersystems ab. Aus einer kürzlich veröffentlichten Studie der Kommission geht hervor, dass die EU-Mitgliedstaaten allein 2016 Verluste in Höhe von 150 Milliarden Euro durch nicht erhobene Mehrwertsteuer gemacht haben. Davon gingen 50 Milliarden Euro durch Mehrwertsteuerbetrug verloren.

Das Maßnahmenpaket, das die Kommission im Herbst 2017 vorgestellt hat, soll dem nun entgegenwirken. In Zukunft soll unter anderem die Mehrwertsteuer auch auf grenzüberschreitenden Handel zwischen Unternehmen erhoben und Verfahren vereinfacht werden.

Milliardenverluste durch ‚Karussell-Betrug‘

Denn zurzeit nutzen internationale kriminelle Netzwerke die Mehrwertsteuerbefreiung aus, indem sie in einem Land Güter kaufen, ohne Mehrwertsteuer zu bezahlen, und sie in einem anderen Land mit Mehrwertsteuer wieder verkaufen. Die Kriminellen tauchen ab, bevor sie die Steuer an den Staat abgegeben haben. Da sich diese Praxis wieder und wieder über mehrere Länder mit denselben Gütern wiederholen kann, spricht man auch von ‚Karussell-Betrug‘.

„Die Kommission schätzt, dass der Mehrwertsteuerbetrug durch die neuen Maßnahmen um 80 Prozent verringert werden kann“, so Arndt Kohn, EU-Abgeordneter aus Stolberg. „So würden viele Milliarden Euro wieder in die Staatskassen und in den EU-Haushalt fließen, die sonst in den Schwarzmarkt oder die Finanzierung krimineller Aktivitäten fließen würden. Es ist höchste Zeit, dass Europa diesen kriminellen Banden einen Riegel vorschiebt.“

Kohn: „Reformen längst überfällig“

Um die Erhebung der Mehrwertsteuer auf den grenzüberschreitenden Handel zu erleichtern, soll eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet werden, bei der Unternehmen in einem einzigen Online-Portal in ihrer eigenen Sprache und nach den gleichen Regeln wie in ihrem Heimatland Erklärungen und Zahlungen durchführen können. Außerdem schafft die Einführung des ‚Bestimmungslandprinzips‘ Klarheit bei den geltenden Steuersätzen, denn es soll in Zukunft immer der Steuersatz des Landes gelten, wo der Endverbraucher sitzt.

„Das gegenwärtige Mehrwertsteuersystem, das noch auf 1993 zurückgeht, war ursprünglich als Übergangsregelung gedacht und ist viel zu fragmentiert. Die Reformen sind daher längst überfällig“, bemängelt Arndt Kohn. „Wir Sozialdemokrat*innen unterstützen die Reformvorschläge weitgehend und fordern, dass die Änderungen keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand schaffen, der vor allem zu Lasten kleinerer Unternehmen entstehen könnte.“

Das Europäische Parlament hat bei Steuerfragen nur eine konsultative Rolle und daher liegt die letzte Entscheidung beim Rat, wo die Gesetzesänderungen einstimmig angenommen werden müssen. Die europäischen Sozialdemokrat*innen fordern eine stärkere Rolle des Europäischen Parlaments und eine Abschaffung der Einstimmigkeit im Rat bei Steuerthemen.

Neue Regeln für Netflix, YouTube und Co.

Kommende Woche beschäftigen sich die EU-Abgeordneten in Straßburg mit neuen Regeln für Videos im Fernsehen und im Internet: Nach langen Verhandlungen steht am Dienstag die überarbeitete Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste zur Abstimmung.

Diese Richtlinie gab bisher Grundregeln für Fernsehinhalte und Videoabrufdienste vor. Der gesetzliche Rahmen ist seit nunmehr über zehn Jahren nicht mehr verändert worden. Doch seit der letzten Revision hat sich das Videoangebot und der Medienkonsum stark verändert: Plattformen wie zum Beispiel Youtube, Netflix oder Amazon Prime haben große Marktanteile erobert. Für manche Konsumenten ersetzen Streaming-Dienste das klassische Fernsehen vollends.

„Die Art und Weise, wie wir Medien konsumieren, hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert“ erklärt der Europaabgeordnete Arndt Kohn (SPD). „Daher ist es von größter Wichtigkeit, für diese neuen Formen der Unterhaltung zeitgemäße Regeln aufzustellen beziehungsweise das bestehende Regelwerk zu erweitern. Durch eine umfassende Reform der Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste werden die Vorgaben für Bild und Ton an die Herausforderungen des digitalen Zeitalters angepasst.“

Jugend- und Verbraucherschutz werden gestärkt

So soll die Richtlinie in Zukunft für Bewegtbilder insgesamt gelten. In den Anwendungsbereich fallen demnach neben klassischen Medien wie Fernsehen künftig auch Online-Angebote auf Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Videoplattformdiensten wie Youtube.

Darüber hinaus stärkt der neue gesetzliche Rahmen sowohl den Jugend- als auch den Verbraucherschutz, indem Plattformen stärker in die Verantwortung genommen werden. „Die Stärkung des Jugendschutzes war ein zentrales Anliegen der sozialdemokratischen Fraktion“, kommentiert Arndt Kohn. „Die Neuerung stellt sicher, dass Jugendliche vor gefährlichen und nicht altersgerechten Inhalten, die frei verfügbar im Internet zu finden sind, geschützt werden, indem zum Beispiel Altersverifizierungen verpflichtend eingeführt werden. Dies ist ein wichtiger Schritt um zu gewährleisten, dass Minderjährige keine Käufe tätigen können, die nicht von den Erziehungsberechtigten genehmigt worden sind.“

Förderung für europäische Produktionen

Auch legt die neue Richtlinie fest, dass mindestens 30 Prozent der angebotenen Inhalte europäischen Ursprungs sein muss. Dies soll verhindern, dass US-amerikanische Anbieter Eigenproduktionen zu stark in den Vordergrund stellen. Außerdem können europäische Filmfonds Streaminganbieter zur Kasse bitten, um auch jungen Medienschaffenden innerhalb der EU eine Chance zu geben, ihre filmische Vision umzusetzen. So wird durch die Revision zeitgleich ein Ausbau des Förderangebots erreicht.

Die Umsetzung einer solchen Regelung zur Förderung europäischer Produktionen hatte bereits der deutsche Bundestag angestrebt, doch auf nationaler Ebene war das Vorhaben gescheitert. Hier konnte die Europäische Union die geballte Verhandlungsmacht des europäischen Binnenmarkts in die Waagschale werfen, um Änderungen im Sinne der europäischen Filmschaffenden zu erreichen.

Zahlreiche Verbesserungen erwirkt

Darüber hinaus sieht die Richtlinie neue Transparenzpflichten bei der Kennzeichnung von Werbung, Sponsoring und Product-Placement vor, zum Beispiel in Youtube-Videos. Da Online-Anbieter mittlerweile vergleichbar gute Reichweiten als Massenmedium erzielen wie TV-Sender, pochte die sozialdemokratische Fraktion in den Verhandlungen darauf, dass sie zukünftig ähnlichen Verpflichtungen unterliegen wie klassische Medienanbieter.

Ehrgeizigere Regelungen zur Barrierefreiheit und zur Medienkompetenz waren ebenfalls ein Anliegen der Sozialdemokrat*innen im EU-Parlament. Die überarbeitete Richtlinie soll den Ausbau der Barrierefreiheit stärken, um auch die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an den neuen Mediendiensten zu gewährleisten. Denn zurzeit ist beispielsweise das Bereitstellen von Sprachsteuerung oder Audiodeskription für Blinde noch längst kein Standard.

Alles in allem ist das Ergebnis der überarbeiteten Richtlinie, die zusammen mit dem Rat und der EU-Kommission verhandelt wurde, ein wichtiger Beitrag der Europäischen Union in Sachen Bewegtbilder. Wenn die Europaabgeordneten am Dienstag mehrheitlich für die neue Richtlinie stimmen, muss das neue Regelwerk innerhalb von 21 Monaten in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden.

Zollbetrug: EU fordert zwei Milliarden Euro von Großbritannien

Großbritannien hat jahrelang Zollbetrug an seinen Grenzen ignoriert und damit dem europäischen Binnenmarkt geschadet. So lautet der Vorwurf der europäischen Anti-Betrugsbehörde OLAF. Sie empfiehlt nun der EU-Kommission, den dabei entstandenen Schaden von der britischen Regierung zurückzufordern.

Konkret geht es in dem Fall um die Einfuhr chinesischer Waren über Großbritannien in den europäischen Markt. Kriminelle Banden sollen zwischen 2013 und 2016 vor allem Textilien und Schuhe teilweise massiv unter Wert eingeführt haben. Diese Methode führte dazu, dass viel zu wenig Zölle auf die unterbewerte Ware gezahlt wurden.

Großbritannien steht in der Pflicht

OLAF wirft dem Vereinigten Königreich vor, dass es nicht die nötigen Maßnahmen ergriffen hatte, um diesen Machenschaften vorzubeugen. Dabei hatte der Betrug beachtliche Auswirkungen auf die Zolleinnahmen der EU: Rund zwei Milliarden Euro Schaden sollen entstanden sein, die nun im EU-Haushalt fehlen.

Der SPD-Abgeordnete Arndt Kohn sieht das Verhalten der britischen Regierung kritisch: „Es ist kein Zeichen europäischer Solidarität, wenn ein Mitgliedstaat durch Untätigkeit dem europäischen Binnenmarkt, sich und anderen Mitgliedstaaten finanziell schadet. Die britische Regierung muss nun transparent mit den europäischen Behörden an der Aufarbeitung des Falles arbeiten und für den finanziellen Schaden Verantwortung übernehmen.“

„Mehrwertsteuersystem hat Reformbedarf“

Allerdings sind nicht nur Zollverluste zu beklagen. Einige Unternehmen haben zudem eine Gesetzeslücke ausgenutzt, um gezielt die Mehrwertsteuer auf importierte Güter zu unterschlagen. So kam es insgesamt zu Verlusten von bis zu 3,2 Milliarden Euro. Die Unternehmen nutzten das sogenannte Zollverfahren 42, das eine Mehrwertsteuerbefreiung im Einfuhrland ermöglicht, wenn die Ware in einen anderen Mitgliedstaat befördert wird. Die Steuer wird dann im Bestimmungsland erhoben. Dank diesem Verfahren konnten die Unternehmen abtauchen, bevor sie die Mehrwertsteuer abgeben mussten.

Arndt Kohn sieht sich in seinen Forderungen bestätigt: „Dieser Fall ist ein weiteres Indiz, dass im europäischen Mehrwertsteuersystem dringender Reformbedarf besteht. Wir müssen das System weniger anfällig für Betrug machen, indem wir es einfacher gestalten und den Informationsaustausch zwischen den nationalen Zoll- und Steuerbehörden fördern.“

Soziales Europa statt Steuerbetrug

Für die Sozialdemokrat*innen im Europaparlament ist der Kampf gegen Steuerbetrug eine wichtige Priorität. Laut Schätzungen der EU-Kommission entgehen den Mitgliedstaaten aufgrund von Mehrwertsteuerbetrug jährlich Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe – die zum Beispiel in die Gestaltung eines sozialen Europas oder in andere wichtige Projekte investiert werden könnten.

Bei der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in Straßburg diese Woche wird sich die EU- Kommission zu dem Betrugsfall äußern. Am Donnerstag stimmen dann die Abgeordneten über eine Resolution des Haushaltkontrollausschusses ab, in der unter anderem gefordert wird, dass die Mitgliedstaaten im Zollbereich enger zusammenarbeiten sollen. Die EU-Kommission wird außerdem zu stärkeren Anstrengungen beim Eintreiben von Abgaben aufgerufen, da der aktuelle Fall im Vereinigten Königreich hier Verbesserungsbedarf aufgezeigt hat.

Vor einer Woche schickte die EU-Kommission einen Brief nach London, in der sie die entgangenen Mittel einforderte und leitete somit ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Zwei Monate hat die britische Regierung nun Zeit, auf die Forderungen aus Brüssel einzugehen und ihre Sichtweise in einem Antwortschreiben darzulegen.

Orbán in die Schranken weisen

Der ungarische Premier Viktor Orbán tritt europäische Werte mit Füßen: Seine Regierung schränkt die Pressefreiheit ein, unterdrückt Oppositionelle und macht Stimmung gegen Minderheiten und gegen die EU. Unabhängige Institutionen wie der Europarat, die Vereinten Nationen und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa haben sich besorgt über die Verletzungen demokratischer Grundwerte geäußert.

Diese Woche steht die Lage in Ungarn auf der Tagesordnung des EU-Parlaments in Straßburg. Am Mittwoch entscheiden die Abgeordneten, ob ein Suspendierungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet wird. In letzter Konsequenz kann das Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge dazu führen, dass Ungarn das Stimmrecht im Ministerrat entzogen wird.

Arndt Kohn, SPD-Abgeordneter aus Stolberg, befürwortet dieses Vorgehen: „Die Verletzungen europäischer Werte in Ungarn haben ein besorgniserregendes Maß angenommen. Es ist vollkommen inakzeptabel, wie die nationalkonservative Regierung gegen Schutzsuchende und Minderheiten hetzt und die freiheitlich-demokratischen Grundrechte einschränkt. Auch einem Victor Orbán müssen wir Grenzen aufzeigen und Ungarns Zivilgesellschaft Rückendeckung geben.“

Konservative halten an Orbán fest

Im Dezember vergangenen Jahres hatte die EU-Kommission erstmals überhaupt den Artikel 7 gegen ein Mitgliedsland angewandt: Weil die polnische PiS-Regierung allen Warnungen zum Trotz umstrittene Gesetzesänderungen einführte, welche unter anderem die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts gefährden, läuft gegen Polen derzeit ein Suspendierungsverfahren, welches zum Stimmverlust im Ministerrat führen könnte.

Im Fall von Ungarn hat die EU-Kommission bisher jedoch nicht die gleiche Entschlossenheit gezeigt. Nach wie vor sitzt die Fidesz-Partei von Victor Orbán im EU-Parlament Seite an Seite mit den Abgeordneten der CDU und CSU aus Deutschland. Sie bilden mit weiteren europäischen Christdemokraten die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP). Diese ist derzeit die stärkste Fraktion im Europäischen Parlament.

Erst vergangene Woche hatte der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber (CSU) seine Ambitionen auf die Spitzenkandidatur seiner Fraktion für die Europawahlen 2019 verkündet. In der Vergangenheit zeigte Weber immer wieder Nachsicht, wenn Orbán vermeintliche rote Linien überschritt. So lobte er Orbán im Vorfeld der ungarischen Parlamentswahlen im April als „starken Ministerpräsidenten“, der die politischen Debatten in Europa belebe.

Kohn: „Das muss aufhören!“

Arndt Kohn kritisiert die Rückendeckung, die Orbán von seinen konservativen Parteifreunden erhält, scharf: „In Bayern hofieren Horst Seehofer und die CSU den Autokraten Orbán als gern gesehenen Ratgeber. Im EU-Parlament hält Manfred Weber trotz aller Verstöße gegen europäische Werte an der Fraktionsgemeinschaft mit Orbáns Fidesz-Partei fest. Das muss aufhören! Die demokratischen Fraktionen im EU-Parlament müssen den anti-demokratischen Kräften in ihren Reihen endlich die Stirn bieten.“

Stimmt das Plenum diese Woche in Straßburg mit einer Zweidrittelmehrheit für die Position der SPD-Europaabgeordneten, würde das Europäische Parlament ein Verfahren nach Artikel 7 gegen die ungarische Regierung einleiten. Dann müsste der Ministerrat die Lage in Ungarn auf die Tagesordnung setzen und entscheiden, ob die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der europäischen Werte durch die ungarische Regierung vorliegt.

Mobilität neu denken

Ständiger Stau, Verkehrslärm, eine extreme Umweltbelastung: Schon heute zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass die Verkehrskonzepte aus dem letzten Jahrhundert keine Antworten auf die Mobilitätsbedürfnisse von heute bieten. Daher fordern die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament, Mobilität neu zu denken und auf nachhaltige Strategien umzusteigen.

„Wie wir die Zukunft der Mobilität gestalten, davon hängt die Lebensqualität dieser und künftiger Generationen ab“, erklärt Arndt Kohn, SPD-Abgeordneter für den Regierungsbezirk Köln. „Ich möchte meinen Kindern und Enkelkindern eine Welt hinterlassen, in der wir uns dank kluger Verkehrskonzepte nachhaltig bewegen und saubere Luft atmen, zum Wohle der Menschen und der Umwelt. Leider hat nicht zuletzt der Skandal um manipulierte Abgaswerte in Diesel-Autos gezeigt, dass die Industrie den Umstieg bislang verschlafen hat. Hier müssen wir politisch gegensteuern.“

CO2-Emissionen drastisch reduzieren

Die SPD-Europaabgeordneten haben ambitionierte Forderungen erarbeitet. So sollen bei neuen Autos die Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2021 um mindestens 40 Prozent gesenkt werden. Dazu sind unter anderem Straßentests und funktionierende Kontrollen notwendig, damit die Verbesserungen auch umgesetzt werden.

 

Für Neuanschaffungen von öffentlichen Betrieben fordert die Europa-SPD eine ehrgeizige Quote für Null- und Niedrigemissionsfahrzeuge wie etwa E-Busse und Hybridautos. Außerdem setzen sich die Sozialdemokrat*innen für eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für alternative Kraftstoffe ein, damit sich die neuen Antriebe durchsetzen. Hierzu soll ein Fonds aus privaten und öffentlichen Mittel eingerichtet werden.

Arndt Kohn kommentiert: „Durch das Bekenntnis zu nachhaltiger und moderner Mobilität wird der Automobilsektor auch in Zukunft ein wichtiges Standbein der Wirtschaft und ein Garant für Arbeitsplätze bleiben. Die deutsche und europäische Automobilindustrie darf diesen Wandel nicht verpassen. Ansonsten droht die EU gegenüber den USA und China ins Hintertreffen zu geraten. Die Region Aachen ist da in puncto Fahrzeugbau mit neuen Technologien vorbildlich!“

Arbeitsplätze sichern

Bei der Neuausrichtung der Industrie auf die Mobilität der Zukunft müssen die Interessen der Arbeitnehmer*innen gewahrt werden. Gerade der Automobilsektor ist ein bedeutender Arbeitgeber, der in der EU direkt und indirekt rund 12 Millionen Menschen beschäftigt. Daher sind politische Maßnahmen unerlässlich, um die Arbeitsplätze zu sichern.

„Die Beschäftigen müssen im Schulterschluss mit den Gewerkschaften eng in die Umstrukturierung einbezogen werden“, fordert Arndt Kohn. „Wir wollen, dass möglichst frühzeitig Fort- und Weiterbildungen für die Arbeitnehmer*innen angeboten und neue Industriezweige zum Beispiel im Batteriebereich aufgebaut werden, um Arbeitsplätze zu sichern. Umschulungen und Weiterqualifizierungen könnten zum Beispiel aus Abgaben für Emissionsüberschreitungen finanziert werden.“

Zukunftsweisend ist auch das autonome und vernetzte Fahren. Jedoch gibt es hier bei allem technologischen Fortschritt noch viele offene Fragen, die dringend geklärt werden müssen, insbesondere bei der Verkehrssicherheit von autonomen Fahrzeugen, der Versicherung und Haftung sowie beim Datenschutz. Diese Aspekte müssen breit diskutiert werden, fordert die Europa-SPD.

Umweltausschuss trifft erste Entscheidungen

Im EU-Parlament setzen sich die Sozialdemokrat*innen dafür ein, dass die Verkehrswende Realität wird: Diese Woche steht im Umweltausschuss in Straßburg eine Abstimmung über Emissionsstandards von Autos an. Die EU-Kommission hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, um die CO2-Emissionen von PKW und Kleintransportern zu senken. Sie schlägt darin neben prozentualen Reduktionszielen auch einen Anreizmechanismus für Niedrigemissionsfahrzeuge vor.

Die Europa-SPD unterstützt den Vorschlag der EU-Kommission, fordert aber auch weitergehende Maßnahmen. So hat die sozialdemokratische Berichterstatterin im Umweltausschuss, Miriam Dalli, die Ziele der Kommission deutlich nachgeschärft und den Anreizmechanismus um einen Strafmechanismus ergänzt. Sie fordert außerdem, dass für alle Fahrzeuge mittelfristig die Emissionen über die gesamte Lebensdauer einberechnet werden und dass die Tests der neuen Modelle auf der Straße stattfinden sollen, nicht mehr nur auf dem Teststand.

Die finale Entscheidung über den Gesetzesentwurf fällt im Plenum voraussichtlich im Oktober. Dann wird es außerdem um Quoten für saubere Straßenfahrzeuge im öffentlichen Betrieb gehen.

Juncker muss liefern

Die Europäische Union steht vor historischen Herausforderungen: Mit dem Brexit steht das erste Mal in der Geschichte der Gemeinschaft der Austritt eines Mitgliedstaates unmittelbar bevor. Gleichzeitig verschieben sich die globalen Kräfteverhältnisse: China baut seinen internationalen Einfluss stetig aus, während sich die USA unter Präsident Donald Trump zunehmend zurückziehen. Der einseitige Abschied der Vereinigten Staaten aus internationalen Vereinbarungen wie dem Pariser Klimaschutzabkommen zeigt, dass Europa immer stärker auf sich gestellt ist.

Gleichzeitig stellen nationalkonservative und populistische Parteien in vielen europäischen Ländern die Gemeinschaft in Frage. In Ungarn macht Ministerpräsident Victor Orbán Stimmung gegen Europa, die polnische PiS-Regierung hält trotz Gegenwind aus Brüssel an ihren umstrittenen Justizreformen fest und die Populisten und Nationalisten in Rom drohen mit der Schließung italienischer Häfen für Flüchtlingsschiffe, sollte es bei der Frage nach der Verteilung der Schutzsuchenden keine Einigung geben.

Handfeste Ergebnisse noch vor den Wahlen

In diesen unruhigen Zeiten wird die jährliche Ansprache von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit besonderer Spannung erwartet. Am Mittwoch wird Juncker vor dem EU-Parlament in Straßburg Bilanz ziehen und einen Ausblick darauf geben, welche Vorhaben die EU-Kommission noch in dieser Legislaturperiode umsetzen will.

Arndt Kohn, SPD-Europaabgeordneter aus Stolberg, fordert klare Worte vom EU-Kommissionspräsidenten: „Ich erwarte, dass Herr Juncker die politischen Prioritäten für die letzten Monate seiner Amtszeit erläutert. Die Verhandlungen über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen ab 2021 sowie die Reform des gemeinsamen Asylsystems dulden keinen Aufschub. Hier muss die EU-Kommission noch vor den Europawahlen im Mai 2019 handfeste Ergebnisse vorweisen. Ein starkes und vereintes Europa ist heute wichtiger denn je.“

„Die EU muss sozial gerechter werden“

Die Europa-SPD setzt sich für eine umfassende europäische Integration ein. In kritischen Bereichen fehlt es der EU aufgrund mangelnder Kompetenzen und divergierender nationaler Interessen an ausreichender Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit. Gleichzeitig fordern die Sozialdemokrat*innen, dass Europa viel stärker als bisher in sozialen Fragen vorangeht.

Der Vorschlag zur Europäischen Säule Sozialer Rechte der EU-Kommission aus dem April 2017 ist deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Messlatte war ein Bericht mit ambitionierten Forderungen, der unter sozialdemokratischer Federführung entstanden ist, und den das Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet hat. Zu den Kernpunkten gehörten beispielsweise eine Rahmenrichtlinie für menschenwürdige Arbeitsbedingungen sowie eine Grundsicherung für alle Kinder, die in Armut leben. Diese Vorschläge hat die EU-Kommission weitgehend missachtet.

„Zu einer ehrlichen Bilanz gehört auch, dass die EU-Kommission in der Sozialpolitik weit hinter ihren eigenen Ankündigungen zurückgeblieben ist“, sagt Arndt Kohn (SPD). „Herr Juncker hat sein Versprechen nicht eingelöst, Europa ein ‚soziales Triple-A‘ zu verschaffen. Dabei ist dies der entscheidende Punkt, um das Vertrauen der Menschen in Europa wieder zu stärken: Die EU muss sozial gerechter werden. Dazu zählen unter anderem eine faire Steuerpolitik, starke Rechte für Arbeitnehmer*innen, berufliche Perspektiven für Europas Jugend und Investitionen in Arbeitsplätze mit Zukunft. Im Mai 2019 haben es die Bürger*innen in der Hand, für ein Europa zu stimmen, das sich für die Schwachen in der Gesellschaft einsetzt und die Interessen aller Bürger*innen im Blick hat.“

Glasfachschule auf Studienfahrt nach Straßburg

Wird das Bargeld in Deutschland bald abgeschafft? Sollten sich Politiker nicht klarer positionieren? Wie sollte sich Europa im Handelsstreit mit den USA verhalten? Bei ihrem Besuch im Straßburger EU-Parlament am 5. Juli konfrontierten Schülerinnen und Schüler der Staatlichen Glasfachschule Rheinbach den Europaabgeordneten Arndt Kohn mit unterschiedlichsten Themen – von politischem Desinteresse keine Spur. Das Gespräch mit dem SPD-Abgeordneten und der Besuch einer Plenarsitzung des EU-Parlaments waren der Kern einer dreitägigen Studienfahrt der Schülerinnen und Schüler nach Straßburg.

Vierzig Schülerinnen und Schüler hatten sich auf den Weg nach Straßburg gemacht. So bunt wie die Zusammensetzung des EU-Parlaments war auch die Zusammensetzung der Schülergruppe: Auszubildende aus der Glas- und der Keramikindustrie waren ebenso Teil der Gruppe wie Jugendliche, die Gestaltungstechnische Assistenten werden und dabei gleichzeitig die Fachhochschulreife oder das Abitur erwerben. Andere wiederum zielen allein auf den Erwerb der Fachhochschulreife und orientieren sich in Gestaltungsberufen. Das Rheinbacher Berufskolleg hat dabei einen großen Einzugsbereich: Die Schülerinnen und Schüler kommen aus ganz Deutschland. So diente die Bildungsreise auch dem Zusammenwachsen der Schülerschaft der Glasfachschule, die seit einigen Jahren aufgrund ihrer zahlreichen internationalen Aktivitäten das Siegel „Europaschule“ trägt.

Arndt Kohn machte es sich mit den Antworten auf die Fragen der Schülerinnen und Schüler nicht einfach. Ob nicht EU-Politiker häufiger mal klare Kante zeigen sollten, fragte ihn ein Schüler – „Schließlich kommt Donald Trump auch deshalb so gut bei den Amerikanern an, weil sie denken: Jetzt passiert endlich mal was“, so der junge Erwachsene. „Ich denke, wir machen uns vielleicht ein paar Gedanken mehr als Trump“, so Kohn. Deshalb seien aber auch die Antworten manchmal nicht so einfach.

Am Tag des Besuchs stimmte das EU-Parlament über ein Thema ab, das die medienaffinen Rheinbacher Schülerinnen und Schüler umtreibt: Upload-Filter, die beim Hochladen von Mediendateien auf Plattformen wie Youtube überprüfen, ob Urheberrechte verletzt werden. Die Rheinbacher Auszubildenden, die ihre Filme weiterhin frei veröffentlichen können wollen, später aber auch einmal von ihren Filmen leben können müssen, diskutierten Vor- und Nachteile dieser Filter. Der Gesetzentwurf wurde von den EU-Parlamentariern übrigens abgelehnt.

Dass man differenzieren muss und aus der Geschichte lernen kann, wurde den Rheinbacher Schülerinnen und Schülern auch bei den anderen Programmpunkten der Studienfahrt, die von Mitarbeitern von Arndt Kohn und dem Bildungswerk Stenden organisiert und begleitet wurde, deutlich. Auf Schloss Hambach in der Pfalz informierten sie sich über das Hambacher Fest im Jahr 1832, der ersten deutschen Großdemonstration für Freiheit, Gleichheit und Demokratie. Die bewegte Geschichte Straßburgs brachte den Schülerinnen und Schülern eine Elsässerin während einer Stadtführung anhand der Geschichte ihrer eigenen Familie näher, in der im Ersten Weltkrieg Brüder gegeneinander kämpfen mussten – der eine auf der Seite Deutschlands, der andere auf der Seite Frankreichs.

Welche Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich auch danach noch herrschte, wurde den Schülerinnen und Schülern beim Besuch der Maginot-Linie, einer französischen Militäranlage für den Zweiten Weltkrieg, deutlich. „Da drin wird einem nicht nur von außen kalt“, sagte eine Teilnehmerin nach der sehr eindrücklichen Schilderung des Lebens eines Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Hier kamen den Rheinbacher Glasfachschülern auch die Worte ihrer Straßburger Stadtführerin wieder in den Sinn: „Das Problem des Friedens liegt jetzt in Ihren Händen. Sie sind die junge Generation, die jetzt dran ist!“.

 

(Text: Ulrich Clees, Studienrat an der Staatlichen Glasfachschule Rheinbach)