Die EU zwischen Krise und Aufbruch

Hohe Jugendarbeitslosigkeit, stockende Brexit-Gespräche, antidemokratische Entwicklungen in der Türkei, aber auch in Polen und Ungarn – vor dem Hintergrund dieser und vieler weiterer Herausforderungen hält Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch seine Rede zur Lage der Europäischen Union. Im Anschluss debattieren die Abgeordneten darüber, was sich ändern muss, damit wir in Europa unsere gemeinsame Zukunft erfolgreich gestalten können.

Im Parlament rechnet man mit ambitionierten Vorstößen etwa in der Handels- und Industriepolitik sowie zur Vertiefung der Eurozone. Projekte, die noch in dieser Legislaturperiode eine realistische Chance auf Umsetzung haben sollen, müssten jetzt angestoßen werden. Wir Sozialdemokraten fordern eine mutige Vision, die den Rufen nach einer Erneuerung der Europäischen Union gerecht wird.

Europa braucht „soziales Triple-A“

Es wird erwartet, dass Juncker an das Weißbuch zur Zukunft Europas aus dem Frühjahr anknüpft. Darin hatte die Kommission fünf Szenarien skizziert, wie die Zusammenarbeit in Europa künftig aussehen könnte – von einer stark reduzierten Rolle der EU bis hin zu einer vertieften Integration, bei der die Mitgliedstaaten weitere wichtige Kompetenzen an die europäische Entscheidungsebene übertragen würden.

Die sozialdemokratische Fraktion hat im Weißbuch-Prozess ein sechstes Szenario entworfen, an dem wir die Rede des Kommissionspräsidenten messen werden. Dieses sieht zum einen eine Vertiefung der europäischen Integration vor, zum anderen einen deutlichen Ausbau der sozialen Dimension Europas. In der Sozialpolitik erwarten wir von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dass er das Versprechen, mit dem er angetreten ist, einlöst: Europa ein „soziales Triple-A“ zu verschaffen.

Kommission muss deutlich nachbessern

Der Vorschlag zur Europäischen Säule Sozialer Rechte, den die Kommission im April vorgelegt hat, ist deutlich hinter diesem Anspruch zurückgeblieben. Die Messlatte war ein Bericht mit ambitionierten Forderungen, der unter sozialdemokratischer Federführung entstanden ist und den das Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet hat.

Zu den Kernpunkten gehörten beispielsweise eine Rahmenrichtlinie für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und eine Grundsicherung für alle Kinder, die in Armut leben. Diese Vorschläge hat die EU-Kommission weitgehend missachtet. Nun hat sie die Chance nachzubessern.

Zudem setzen wir uns für eine umfassende europäische Integration ein. In kritischen Bereichen fehlt es der EU aufgrund mangelnder Kompetenzen und divergierender nationaler Interessen an ausreichender Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit. Zugleich respektieren wir, dass sich nicht alle Mitgliedstaaten gleichermaßen beziehungsweise zeitgleich stärker engagieren wollen. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die Länder, die die europäische Einigung vorantreiben wollen, nicht ausgebremst werden.

Studie: Das Vertrauen in Europa steigt

Den vielen Krisen, denen die EU entschlossen begegnen muss, stehen durchaus auch positive Trends entgegen: Nach Jahren drastischer Europa-Skepsis kommt wieder eine pro-europäische Stimmung auf. So zeigt beispielsweise eine Acht-Länder-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass der Brexit die übrige EU zusammengeschweißt hat, anstatt das Vertrauen in das gemeinsame Projekt zu erschüttern. Mehr Menschen als bei früheren Befragungen sehen heute klare Vorteile in der EU-Mitgliedschaft.

„Die Bürgerinnen und Bürger glauben daran, dass ein stärkeres Europa notwendig ist“, so der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Gianni Pitella. „Es entsteht eine neue europäische Dynamik. Aber damit dieser Trend Fahrt aufnimmt, müssen wir den Erwartungen der Menschen nicht nur mit Worten gerecht werden sondern mit Taten.“

In seiner Rede muss Jean-Claude Juncker aufzeigen, wie die EU-Kommission die Europäische Union in dieser speziellen Situation – zwischen Krise und Aufbruch – gestalten und den Rufen nach ihrer Erneuerung gerecht werden will.

Kostenloses WLAN wird an vielen Orten Realität

Die EU wird den Aufbau kostenlos zugänglicher WLAN-Hotspots an öffentlichen Orten zwischen 2017 und 2019 mit 120 Millionen fördern. Die Initiative soll Einheimischen und Touristen den Zugang zu leistungsfähigem Internet an wichtigen Zentren des öffentlichen Lebens ermöglichen.

Formell muss das Europäische Parlament die entsprechende EU-Richtlinie noch beschließen. Bei der Abstimmung kommenden Mittwoch in Straßburg wird aber eine breite Zustimmung erwartet, da sich das Parlament bereits im Ende Mai mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten auf den vorliegenden Vorschlag geeinigt hatte.

Kostenloses WLAN kann dank der neuen Regelung an vielen Orten in Europa realisiert werden. Gerade für Kommunen im ländlichen Raum ist das eine gute Gelegenheit, Versorgungslücken zu schließen – insbesondere wenn ihre Finanzlage angespannt ist. Das Europäische Parlament hatte sich in den Verhandlungen erfolgreich dafür eingesetzt, neben öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser beispielsweise auch Parks, Busse, Schulen und Museen mit kostenlosem Internet auszustatten.

Ein wichtiger Schritt in Richtung Digitalunion

Der sozialdemokratische Verhandlungsführer, Carlos Zorrinho, erklärte: „Alle Europäerinnen und Europäer sollten die Vorteile einer WiFi-Verbindung nutzen können, egal wo sie leben oder wieviel sie verdienen. Diese Vereinbarung bringt uns diesem Ziel einen Schritt näher. Den Zugang zu Hochgeschwindigkeits-Breitbanddiensten durch kostenloses WiFi zu gewährleisten ist der Schlüssel zum Aufbau einer Digitalunion, die niemanden zurücklässt.“

Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist eines der wichtigsten Zukunftsziele der Europa-SPD, daher ist die neue Regelung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Bis zu 8000 Gemeinden können davon profitieren. Dank des öffentlichen WLAN werden diese Orte bürgerfreundlicher und damit attraktiver. Dabei muss beachtet werden, dass auch kleinere Kommunen nicht vom Fortschritt abgehängt werden.

Lokale Behörden können sich online bewerben, sofern noch kein vergleichbares privates oder öffentliches Angebot verfügbar ist. Die Vergabe erfolgt dann über ein unbürokratisches Gutscheinprinzip. Dank dieser Lösung ist der Aufwand auch für kleine Gemeinden gut tragbar. Wenn das Parlament bei seiner Plenarsitzung am Dienstag, 12 September, zustimmt und die Mitgliedstaaten den Vorschlag formell bestätigen, können die ersten Bewerbungsrunden zwischen Ende 2017 und Anfang 2018 starten.

Neue Studie: Was hält Europa zusammen?

Das knappe Austritts-Votum der Briten hat im übrigen Europa das Vertrauen in die Staatengemeinschaft nicht geschwächt – im Gegenteil: Mehr Bürgerinnen und Bürger als bei früheren Befragungen sehen heute klare Vorteile in der EU-Mitgliedschaft. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, für die 7000 Teilnehmer in acht EU-Mitgliedsländern befragt wurden.

Statt einer Renationalisierung Europas wünschen sich die Menschen stärkere Zusammenarbeit. Dabei ist auch die Bereitschaft gestiegen, Zuständigkeiten in wichtigen Politikbereichen von der nationalen auf die europäische Ebene zu verlagern, zum Beispiel bei der Außen- und Sicherheitspolitik. Deutliche nationale Unterschiede zeigen sich allerdings unter anderem bei den Auffassungen zur Flüchtlingspolitik.

Mehr Informationen sowie den vollständigen Bericht finden Sie hier.

Starkes Plädoyer für ein vereintes Europa

Im Gasthaus Cohnen hatte Norbert Spinrath dazu die rote Couch aufgestellt, mit der er zurzeit quer durch seinen Wahlkreis reist, um mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Gleich zu Anfang der Diskussion bezogen beide Politiker klar Stellung: Ein vereintes Europa sei gut für Deutschland und auch gut für die Region.

Der Stolberger Arndt Kohn, der im EU-Parlament unter anderem im Regionalausschuss tätig ist, berichtete, wie europäische Fördergelder an Projekte in der Region fließen: „Europa investiert eben nicht nur in Bulgarien oder Griechenland, sondern auch ganz konkret in die Städte und Gemeinden hier bei uns.“

Flüchtlingspolitik dominierte den Abend

Allerdings gebe es zurzeit auch zahlreiche Baustellen, die die EU anpacken müsse, betonte Norbert Spinrath. Der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion nannte als ein Beispiel die Steuerpraktiken großer Unternehmen. Internationale Konzerne nutzen die Freiheiten des europäischen Binnenmarktes aus, um möglichst wenig Abgaben zu zahlen. „Wir müssen in Deutschland und in Europa endlich mehr tun, um Steuervermeidung und Steuerdumping zu beseitigen“, so Spinrath.

Die rund zwei Dutzend Zuschauer interessierten sich besonders für das Thema Flüchtlinge. Aus dem Publikum wurde Unmut über die derzeitige Asylpolitik innerhalb der EU laut: „Wir lassen doch die südlichen Länder bei der Flüchtlingspolitik am langen Arm verhungern“, so einer der Gäste. Beide Politiker forderten mehr Solidarität innerhalb Europas und eine Reform des Dublin-Verfahrens.

„Leere Solidaritätsbekundungen helfen nicht“

Außerdem müssten legale Wege geschaffen werden, auf denen Flüchtlinge sicher nach Europa gelangen könnten anstatt die lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer zu wagen. „Es ist wichtig, dass wir uns Deutschland darüber klar werden, was wir konkret zur Lösung beitragen wollen“, forderte Arndt Kohn, „leere Solidaritätsbekundungen helfen weder Italien noch den Flüchtlingen.“

Einig waren sich die beiden Mandatsträger auch, dass es in der EU vermehrte Anstrengungen geben müsse, um die unterschiedlichen Lebensstandards auf einem ähnlich hohen Niveau anzugleichen. „Das Haus Europa funktioniert nur, wenn die Menschen, die darin leben, das Gefühl haben, dass es gerecht zugeht“, sagte Arndt Kohn. Norbert Spinrath schlug dabei den Bogen zur Bundespolitik: „Erst wenn wir bei uns zuhause solidarisch sind und für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen, zum Beispiel in puncto gleicher Lohn für gleiche Arbeit, können wir auch glaubhaft in Europa und in der Welt für mehr Gerechtigkeit eintreten.“

Vom Politiker zum Praktikanten

In dem psychiatrischen Wohn- und Pflegeheim finden Menschen mit seelischen Erkrankungen und Behinderungen Halt und Unterstützung. Kohn lernte einige der Bewohner kennen, machte bei therapeutischen Maßnahmen mit und besichtigte die hauseigene Schweinezucht und den Hofladen.

Mit seinem Besuch wollte sich Arndt Kohn vor Ort mit den Herausforderungen und Problemen im Pflegebereich vertraut machen. „Es hat mich tief beeindruckt, wie die Betreiber und ihre Mitarbeiter mit den Bewohnern mit Handicap und ihren jeweiligen ganz persönlichen Schicksalen umgehen“, so Kohn am Ende des Tages. „Die Bewohner bekommen hier ein abwechslungsreiches Angebot, dass ganz auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.“

Arndt Kohn beim Besuch im Haus Sanden (Foto: Büro Kohn).

Das Tagespraktikum hatte der Bundesverband der deutschen Dienstleistungswirtschaft vermittelt. Den vollständigen Bericht der Kölnischen Rundschau können Sie hier lesen.

Burg Vogelsang: Ein Ort der Toleranz statt des Hasses

Mitten im Nationalpark Eifel erinnert die ehemalige NS-Ordensburg Vogelsang an dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte: Die fast 100 Hektar große Anlage wurde in den 1930er Jahren von den Nationalsozialisten errichtet und diente der NSDAP zwischen 1936 und 1939 als Schulungsstätte für den Führungsnachwuchs.

Heute steht in Vogelsang Aufklärung statt Indoktrination auf dem Programm, denn seit 2006 entstand hier ein „Internationaler Platz“ für Toleranz, Vielfalt und ein friedliches Miteinander. Mit rund 20 Millionen Euro hat die EU die Umgestaltung des Geländes unterstützt. Eine Dauerausstellung informiert über die NS-Vergangenheit. Ein Nationalpark-Zentrum bietet außerdem einen idealen Startpunkt für Ausflüge in die Natur.

Arndt Kohn und die Gäste der AG 60plus zeigten sich beeindruckt davon, wie das schwierige Thema für die Besucher aufbereitet wird. „Eine wirklich eindrucksvolle Ausstellung“, so der EU-Abgeordnete. „Das Eliteprogramm der NSDAP war geprägt von Hass und ideologische Fehlsteuerung ab dem Kindergarten. Erschreckend, welche Verbrechen folgten. Umso wichtiger, dass hier die Erinnerung am Leben gehalten wird!“

Einen ausführlichen Bericht zum Besuch beim Internationalen Platz finden Sie hier.

Europa investiert in die Eifel

Kinder können in einem Gerüst aus Baustämmen klettern, durch große Trichter in den Wald hineinhorchen oder auf einem Baumstamm balancieren und so Natur hautnah erleben: All das wird der Erlebnisparcours am „Kölschkier“ in Monschau-Kalterherberg seinen kleinen Besuchern in Zukunft bieten, wenn er voraussichtlich im September öffnet. Der Erlebnisparcours, initiiert durch die Zukunftswerkstatt Kalterherberg e.V., ist eines von mehreren Förderprojekten in der LEADER-Region Eifel. LEADER ist ein Förderprogramm der Europäischen Union zur Entwicklung des ländlichen Raumes, die nordrhein-westfälische Eifel ist eine von 28 Regionen in NRW, die unterstützt wird.

Der Europaabgeordnete Arndt Kohn beschäftigt sich im Ausschuss für regionale Entwicklung des Europäischen Parlaments derzeit mit der kommenden LEADER-Förderperiode. „Für mich ist es deshalb wichtig vor Ort einen Eindruck zubekommen, wie die Fördermittel ankommen“, so Kohn.

Als regionale Vertreter zogen Jochen Leyendecker (Zukunftswerkstatt Kalterherberg e.V.), Lothar Gerhards (Untere Naturschutzbehörde des Kreises Düren), Björn Schmitz (Stadt Monschau) und Manfred Poth (allg. Vertreter des Landrats des Kreises Euskirchen und Vorsitzender des Naturparks Nordeifel e.V.) ein positives Resümee der LEADER-Förderung und betonten, wie wichtig es sei den ländlichen Raum zu unterstützen.

Auch Regionalmanager Nicolas Gath, verantwortlich für die Begleitung und Unterstützung der Projekte, ist zufrieden. „Bei LEADER können Bürgerinnen und Bürger ihre eigenen Projekte einbringen. Der Koordinierungskreis der Lokalen Aktionsgruppe (LAG), bestehend aus öffentlichen und privaten Mitgliedern, berät über eingereichte Förderanträge und wählt mögliche Projekte aus“, schildert Gath den bürgernahen Ansatz der LEADER-Förderung. Allerdings wurde anlässlich des Besuchs des Europaabgeordneten auch Kritik geäußert: Die teilweise hohen bürokratische Hürden würden manche lokale Initiative davon abbringen Anträge um Förderung fortzusetzen oder überhaupt zu stellen.

Arndt Kohn ging auf die Kritik ein: „Wir müssen schauen, wie die beteiligten Behörden in Deutschland die europäischen Vorgaben effizienter und weniger bürokratisch erfüllen können, um die engagierten Menschen vor Ort noch besser zu unterstützen.“ Insgesamt sei das LEADER-Programm ein Erfolg, so Kohn. Es ermutige die Bürgerinnen und Bürger, ihre Heimat aktiv mitzugestalten und gebe ihnen die nötigen Mittel an die Hand: „Der Erlebnisparcours am ´Kölschkier´, aber auch die vielen anderen Projekte in der Region zeigen, wie Europa in die Eifel investiert“.

Mehr Informationen zur LEADER-Region Eifel gibt es unter: www.leader-eifel.de

Schülerausflug auf den Spuren von Krieg und Frieden

Von den Schrecken zweier Weltkriege bis hin zu einem vereinten Kontinent: Zum Abschluss des Schuljahres erhielten die Schüler des Ritzefeld-Gymnasiums ein eindrucksvolles Bild der wechselvollen Geschichte Europas. Die 39 Jugendlichen der Jahrgänge neun, zehn und elf besuchten sowohl Mahnmale des Ersten und des Zweiten Weltkriegs als auch das EU-Parlament in Straßburg.

Begleitet wurden sie beim Besuch im französischen Verdun von dem Stolberger EU-Abgeordneten Arndt Kohn. „Ich finde es sehr wichtig, dass gerade junge Menschen den langen Weg nachvollziehen, den Europa in den letzten hundert Jahren zurückgelegt hat“, so der SPD-Politiker. „Beim Anblick der endlosen Reihen weißer Kreuze auf dem Soldatenfriedhof in Verdun gibt es nur eine Botschaft: So etwas darf nie wieder geschehen.“

Mahnmale von Hass und Gewalt

Verdun im Jahr 1916: Innerhalb kürzester Zeit verwüsteten die heftigen Gefechte zwischen Deutschen und Franzosen den gesamten Landstrich. Einige moosbewachsene Mauerreste zeugen noch heute von den Dörfern, die hier einst standen. Dichte Wälder bedecken das, was sich als „Hölle von Verdun“ ins kollektive Gedächtnis Europas eingebrannt hat.

Soldatenfriedhof in Verdun (Foto: Büro Arndt Kohn).

Wer genau hinschaut, entdeckt zwischen den Bäumen noch die Krater der Granateinschüsse und die Gräben, in denen sich die Kämpfer verschanzten. Den brutalen Stellungskrieg bezahlten schätzungsweise rund 300.000 junge Männer mit ihrem Leben. Etwa 130.000 weitere Tote konnten bis heute nicht identifiziert werden.

Auf ihrer dreitätigen Reise besuchten die Schüler auch die Maginot-Linie, welche die Franzosen ab 1930 als Verteidigungswall gegen die Deutschen errichteten. Als Kontrast zu den Mahnmalen von Hass und Gewalt ging es außerdem zum Europäischen Parlament nach Straßburg.

„Demokratie lebt vom Mitmachen“

„Mit diesem Programm schlagen wir eine Brücke von den nationalstaatlichen Konflikten des 20. Jahrhunderts bis hin zur friedlichen Zusammenarbeit im heutigen Europa“, erklärt Lehrer Alexander Mischlewitz. Seine Kollegin Barbara Glaubitz ergänzt: „Die Schüler erleben hier die Geschichte vor Ort, anstatt sie nur trocken in den Schulbüchern nachzulesen. Das macht einen bleibenden Eindruck.“

Die Gruppe aus Stolberg besuchte das Europäische Parlament in Straßburg (Foto: Büro Arndt Kohn).

Im EU-Parlament erfuhren die Schüler unter anderem, welche Aufgaben die Abgeordneten ausüben. Bereits auf der Fahrt nach Verdun hatte Arndt Kohn die Jugendlichen ermuntert, selbst aktiv zu werden, wenn ihnen etwas nicht passe: „Demokratie lebt vom Mitmachen. Wenn wir uns immer nur treiben lassen, dann werden wir irgendwann selbst getrieben und beobachten das politische Geschehen höchstens von der Seitenlinie“, so Kohn. „Wir müssen uns für unsere Demokratie engagieren. Dann bleiben Schlachtfelder wie die in Verdun traurige aber lehrreiche Orte der europäischen Geschichte.“

Straftaten zulasten des EU-Haushalts besser bekämpfen

Das Europäische Parlament stimmt am Mittwoch über eine Richtlinie ab, die die Betrugsbekämpfung in der EU stärkt. Es geht dabei um Straftaten, die zulasten des EU-Haushalts gehen und damit den finanziellen Interessen der EU schaden. Delikte wie zum Beispiel Zigarettenschmuggel, Betrug bei EU-Agrarsubventionen oder grenzüberschreitender Mehrwertsteuerbetrug verursachen jährlich einen finanziellen Schaden in Milliardenhöhe.

Die Richtlinie stellt erstmals eine gemeinsame Definition von Vergehen gegen den EU Haushalt auf und legt Regeln für Sanktionen fest. Dieser wichtige Schritt für eine bessere strafrechtliche Verfolgung von Betrugsfällen ist das Ergebnis langer Verhandlungen: Die Kommission hatte den Vorschlag bereits 2014 eingebracht, doch der Ministerrat hatte die Verhandlungen lange blockiert.

Nach drei Jahren konnte nun endlich eine Einigung erzielt werden. Das ausgehandelte Ergebnis wurde bereits im federführenden Innenausschuss mit großer Mehrheit gebilligt. Auch für die Abstimmung im Parlament am Mittwoch ist mit einer breiten Zustimmung zu rechnen.

Sozialdemokraten setzen sich durch

Die Richtlinie sieht unter anderem vor, dass Straftatbestände wie Betrug zu Lasten des EU-Haushaltes und Personengruppen wie „öffentliche Bedienstete“ auf europäischer Ebene definiert werden und Mindesthöchststrafen für Delikte im nationalen Strafrecht verankert werden. Zudem muss die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten verstärkt werden.

Die Sozialdemokraten konnten in den Verhandlungen erreichen, dass auch schwerer grenzüberschreitender Mehrwertsteuerbetrug von der Richtlinie abgedeckt wird. Dies bedeutet, dass diejenigen Mehrwertsteuer-Delikte, die einen Schaden von mindestens 10 Millionen Euro verursachen und in zwei Mitgliedstaaten begangen wurden, unter Strafe gestellt werden müssen.

Europäische Staatsanwaltschaft geplant

Die Richtlinie wird die Betrugsbekämpfung in Europa deutlich effizienter machen und steckt zugleich den Zuständigkeitsbereich ab, in dem eine Europäische Staatsanwaltschaft tätig werden könnte. Diese würde bei Straftaten zulasten des EU-Haushalts ermitteln und Anklage erheben. Zurzeit gehen die nationalen Justizbehörden diesen Fällen nur sehr stiefmütterlich nach.

Bereits im Juli soll der federführende Innenausschuss des Parlaments über die Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft abstimmen. Womöglich kommt das Thema bereits im September auf die Tagesordnung des Plenums.

Reparieren statt wegwerfen

Ob Fernseher, Rasierer oder Fön – kaputte Elektrogeräte wandern immer häufiger in den Müll, anstatt dass ihre Besitzer sie zur Reparatur geben. Verwunderlich ist das nicht, schließlich ist es für die Verbraucherinnen und Verbraucher in vielen Fällen günstiger oder einfacher, sich ein neues Gerät zu besorgen, anstatt das alte wieder in Ordnung bringen zu lassen.

Doch die geringe Lebensdauer von Elektrogeräten bringt eine ganze Reihe von Problemen mit sich, angefangen beim Umwelt- und Verbraucherschutz bis hin zum Abbau von Arbeitsplätzen in der Reparaturbranche und Nachteilen für europäische Unternehmen, die langlebige Produkte anbieten. Ein Initiativbericht, über den das Europäische Parlament am Dienstag abstimmt, fordert daher deutliche Verbesserungen bei der Qualität und der Nachhaltigkeit von Produkten.

Verheerende Umwelt- und Rohstoffbilanz

Beim Kauf neuer Elektrogeräte greifen Kunden mit steigender Tendenz zu Produkten aus niedrigen Preissegmenten, die in Schwellenländern hergestellt werden. Für Hersteller von Elektroprodukten gibt es derzeit wenig Anreiz, ihre Produkte langlebiger zu konzipieren. Die Umwelt- und Rohstoffbilanz solcher qualitätsarmer Produkte fällt entsprechend verheerend aus.

Darüber hinaus hat das Problem auch eine soziale Dimension. Wenn Produkte bereits nach einer kurzen Nutzungsdauer nicht mehr zu gebrauchen sind, trifft dies einkommensschwache Verbraucher am härtesten, heißt es in der Begründung des Initiativberichts: Weil sie nicht viel Geld haben, erwerben sie vor allem günstige Geräte, die schneller kaputtgehen. Damit sind sie doppelt gestraft.

Europäisches Parlament fordert Umdenken

Mit dem Bericht fordern die Abgeordneten, dass Elektroprodukte, die in der EU verkauft werden, künftig eine längere Lebensdauer aufweisen müssen. Dafür sollen Reparaturen erleichtert werden. Ersatzteile sollen einfacher erhältlich, Geräte einfacher reparierbar und einzelne Teile eines Geräts besser austauschbar sein. Außerdem sollen Verbraucher besser darüber informiert werden, wie Produkte repariert werden können.

Zurzeit werden viele defekte Geräte nicht repariert, der Anteil beläuft sich auf gerade einmal 44 Prozent, heißt es in der Begründung des Initiativberichts: „Über die Förderung der Reparaturbranche könnten also Arbeitsplätze geschaffen werden, und Abfall sowie Verschmutzung könnten reduziert werden, ganz zu schweigen davon, dass die Kaufkraft der Verbraucher erheblich steigen würde und für die europäischen Unternehmen weitere Geschäftschancen entstehen würden.“

Konservative Mehrheit verwässert Forderungen

Wenn das Plenum dem Bericht zustimmt, wird dieser an den Europäischen Rat und die Kommission übermittelt. Bei der Abstimmung ist mit einer fraktionsübergreifenden Unterstützung zu rechnen. Die Europa-SPD unterstützt den Initiativbericht als einen Schritt in die richtige Richtung – wenn auch nur einen kleinen. Denn leider hat die konservative Mehrheit im Parlament die Forderungen des Berichts zum Teil stark verwässert.

Dabei ging es insbesondere um die Stärkung von Verbraucherrechten, etwa um eine Herstellergarantie. Diese könnte die zu erwartende Lebensdauer eines Produktes fixieren. Die konservativen Abgeordneten gaben sich auf Kosten von Umwelt- und Verbraucherschutz mit Lippenbekenntnissen zufrieden, anstatt die Gelegenheit zu nutzen, entscheidende Weichenstellungen zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft vorzugeben.